Deutscher Bundestag verabschiedet Viertes Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften

Der Deutsche Bundestag hat heute in 3. Lesung das Vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften beschlossen.

11. November 2016

Mit dem Gesetz werden Anpassungen im Arzneimittelgesetz (AMG) vorgenommen, die durch die Verordnung (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln erforderlich geworden sind. Durch die Verordnung (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln sind die Regeln für die Genehmigung, Durchführung und Überwachung von klinischen Prüfungen nun europaweit verbindlich vorgegeben.

Mit den jetzt vom Bundestag beschlossenen gesetzlichen Änderungen werden insbesondere die nationalen Zuständigkeiten und Verfahren für die Genehmigung klinischer Prüfungen geregelt. Zuständige Behörden sind weiterhin das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI).

Hochwertige klinische Prüfungen sind eine Voraussetzung für einen schnellen und sicheren Zugang zu neuen Arzneimitteln. Gleichzeitig müssen zu jedem Zeitpunkt die hohen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden. Mit dem Gesetz stärken wir daher die Qualität und Sicherheit in der Arzneimittelversorgung. Zudem ermöglichen wir es, dass Menschen im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und nach ärztlicher Aufklärung schriftlich erklären können, dass sie z.B. bei einer fortgeschrittenen Demenz zur Teilnahme an gruppennützigen klinischen Prüfungen bereit sind. Solche klinischen Prüfungen sind erforderlich, um etwa die Behandlung von Demenzkranken weiter zu verbessern. Hierbei stehen der Wille und der Schutz des Einzelnen zu jedem Zeitpunkt an erster Stelle.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe

Die Regelungen im Überblick

  • Die gruppennützige Forschung – also Forschung, die ausschließlich einen Nutzen für die betroffene Patientengruppe hat – mit nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen bleibt grundsätzlich verboten. Sie soll nur zulässig sein, sofern der Betreffende dies nach umfassender ärztlicher Aufklärung im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ausdrücklich vorab gestattet und der rechtliche Vertreter auf der Basis der Verfügung und nach umfassender ärztlicher Aufklärung in die konkrete klinische Prüfung einwilligt. Damit werden in Deutschland weit strengere Regelungen für gruppennützige klinische Prüfungen erlassen, als es die bereits erheblichen Voraussetzungen des europäischen Rechts vorgeben. Bei Menschen, die wegen einer geistigen Behinderung von Geburt oder Kindheit an nicht einwilligungsfähig sind, ist eine gruppennützige klinische Prüfung weiterhin verboten.
  • Die Ethik-Kommissionen der Bundesländer sind weiterhin maßgeblich an der Genehmigung klinischer Prüfungen beteiligt. Sie werden zukünftig beim BfArM registriert. Ohne die Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission zu den nationalen Aspekten wird es keine klinische Prüfung in Deutschland geben. Die europaweiten Aspekte der klinischen Prüfung werden von der Bundesoberbehörde und der Ethik-Kommission gemeinsam geprüft. Dabei wird sichergestellt, dass die Entscheidung der Ethik-Kommission gegenüber dem Sponsor der klinischen Prüfung transparent gemacht wird.
  • Eine Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln darf grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn die Verschreibung nach einem direkten Arzt-Patienten-Kontakt ausgestellt wurde. Damit sollen vor allem Fehldiagnosen verhindert werden.
  • Die zuständigen Bundesoberbehörden können künftig über die in Deutschland prinzipiell verfügbare Anzahl und Größe von freigegebenen Arzneimittelchargen informieren. Dadurch wird den medizinischen Fachgesellschaften ermöglicht, Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Liefer- oder Versorgungsengpässen etwa bei Impfstoffen vorzubereiten.
  • Es wird klargestellt, dass ein begründeter Verdacht auf Arzneimittelfälschungen ein Grund für einen möglichen Arzneimittelrückruf der Bundesoberbehörden ist.
  • Die Informationspflichten zu Anwendungsbeobachtungen sind zukünftig auf elektronischem Weg in dem vom GKV-Spitzenverband und der KBV vorgegebenen Format zu übermitteln.
  • Im Heilmittelwerbegesetz wird klargestellt, dass nicht nur die Werbung für das Teleshopping, sondern auch das Teleshopping selbst als besondere Ausprägung der Werbung verboten ist. Es wird zudem geregelt, dass das Teleshopping auch für Behandlungen durch Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte verboten ist.
  • In der Bundes-Apothekerordnung wird das Berufsbild der Apotheker umfassender beschrieben. Bislang nicht ausdrücklich genannte Tätigkeiten, zum Beispiel in der Lehre und Forschung oder in der öffentlichen Verwaltung, wurden aufgenommen.
  • Vor dem Hintergrund der Erfahrungen bei der Bekämpfung des Ebolafiebers in Afrika wird klargestellt, dass Ausnahmeregelungen des AMG (z. B. Verwendung eines nicht zugelassenen Arzneimittels oder Impfstoffs) und der AMG-Zivilschutzausnahme-verordnung auch zum Zweck einer Beteiligung an internationalen Hilfsaktionen greifen.

Ein Teil des Gesetzes soll Anfang 2017 in Kraft treten, wesentliche Änderungen zum Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln werden voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2018 in Kraft treten. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

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