Daten sollen dazu beitragen, in der Versorgung wie auch in der gesundheitspolitischen Steuerung fundiertere bzw. informiertere Entscheidungen zu treffen. Auch die Forschung sowie Bürgerinnen und Bürger sollen von Gesundheitsdaten profitieren. Außerdem soll das deutsche Gesundheits- und Pflegewesen mit dem entstehenden Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) verknüpft werden, um eine gute Versorgung und Forschung auch über Grenzen hinweg zu ermöglichen.
Dabei soll insbesondere Folgendes erreicht werden:
- i. Wir wollen die Qualität der Gesundheits- und Pflegedaten, die in der Versorgung generiert werden, sukzessive verbessern und besser nutzbar machen.
- ii. Wir ermöglichen einen unmittelbaren und sicheren Zugang der Versicherten zu ihren persönlichen Gesundheits- und Pflegedaten sowie eine niedrigschwellige Nutzung, um die individuelle Versorgung zu unterstützen und zu verbessern. Dies umfasst auch das Recht der Versicherten, ihre individuellen Daten unkompliziert – auch mithilfe Dritter – einsehen zu können.
- iii. Jede und jeder erhält die Möglichkeit, souverän und barrierefrei über die Nutzung der eigenen Behandlungs-, Gesundheits- und Pflegedaten zu entscheiden. Hierbei wird auch eine informierte Entscheidung gegen die Nutzung, zum Beispiel im Zusammenhang mit der ePA, ermöglicht und gleichzeitig über die Folgen der Nichtnutzung informiert.
- iv. Wir stellen die Verfügbarkeit und Verknüpfbarkeit von Daten aus unterschiedlichen Quellen sicher. Dazu zählen unter anderem Abrechnungsdaten, Versorgungsdaten aus der ePA sowie Studien-, Genom- und/oder Registerdaten. Damit fördern wir zum Beispiel den Erkenntnisgewinn zur Bekämpfung von Gesundheitsgefahren wie Pandemien, ermöglichen präventives und prädiktives Handeln durch personalisierte Medizin und heben die Forschungsdatenlandschaft auf eine neue Stufe. Hierdurch werden die Patientensicherheit und Behandlungsqualität sowie die Effizienz des Ressourceneinsatzes im Gesundheits- und Pflegewesen und im Öffentlichen Gesundheitsdienst gesteigert. Indem wir sowohl für die
- v. öffentliche als auch für die private Forschung einen sicheren Datenzugriff ermöglichen, stärken wir Deutschlands Rolle als führenden Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort.
- vi. Wir fördern die Bereitstellung repräsentativer Daten für die Forschung sowie die Entwicklung und Nutzung datenbasierter Technologien, um Versorgungs- und Verwaltungsprozesse im Gesundheits- und Pflegewesen zielgerichteter zu unterstützen und die Orientierung am Menschen bei Forschung, Entwicklung und Anwendung zu stärken, zum Beispiel durch die Anwendung von KI zur Unterstützung der Früherkennung von Krankheiten oder durch die frühzeitige Identifizierung von Komplikationen im Krankheits- und Pflegeverlauf, im Sinne einer personalisierten Medizin und Pflege.
Damit diese Ziele erreicht werden können, müssen die verwendeten Daten eine hohe Qualität aufweisen und in strukturierter Form zur Verfügung stehen.
Maßnahmen
Kurzfristig
- Wir stärken die Forschungsdatenlandschaft durch die sukzessive Einführung eines Forschungspseudonyms in gesundheitsbezogenen Registern und Routine- und Studiendaten, um Gesundheits- und Pflegedaten zu Forschungszwecken verknüpfen zu können. Das Forschungspseudonym soll mittelfristig auch die Verknüpfung mit ePA-Daten ermöglichen.
- Für die Verbesserung der Öffentlichen Gesundheit und der Public-Health-Forschung wird ein Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit errichtet. Dieses soll Zugang zu den für die öffentliche Gesundheit relevanten Daten aus den verschiedenen, miteinander verknüpften Datenquellen erhalten und somit einen wichtigen Beitrag zu einer datenbasierten gesundheitspolitischen Entscheidungsfindung leisten.
- Wir sorgen für einheitliche und transparente Zuständigkeiten und Rollenverteilungen mit Blick auf Interoperabilitätsthemen im Gesundheitswesen und in der Pflege. Es findet eine Abkehr von system- beziehungsweise sektorenspezifischen Einzelregelungen im Bereich Interoperabilität/Standardisierung statt.
- Wir werden ein Recht auf Interoperabilität und Datenportabilität gesetzlich verankern und in der Praxis schrittweise umsetzen.
- Wir priorisieren die Umsetzung von Medizinischen Informationsobjekten (MIO), die einen hohen Versorgungsnutzen für einen großen Bevölkerungsanteil (beispielsweise Medikationsdaten) generieren, und schaffen somit die Grundlage für eine harmonisierte Verfügbarkeit und Nutzbarkeit in der Fläche. Kurz- und mittelfristig sollen DMP-Datensätze als MIOs entwickelt und etabliert werden (vgl. Handlungsfeld Prozesse).
- Wir wollen einen Paradigmenwechsel zugunsten der Ermöglichung des Datenzugangs über sichere Verarbeitungsumgebungen für konkret festgelegte Nutzungszwecke, insbesondere zur wissenschaftlichen medizinischen Forschung, als datenzugriffsberechtigende Kriterien initiieren.
- Wir stärken dabei auch die Möglichkeiten der Kranken und Pflegeversicherungen beziehungsweise weiteren Kostenträger sowie Kassenärztlichen Vereinigungen, vorhandene Gesundheits- und Pflegedaten im Interesse der Versicherten zur Ermittlung von regionalen Versorgungsbedarfen und -defiziten sowie zur Gestaltung einer bedarfsorientierten Versorgung und für begleitende Forschung weiterzuverwenden.
- Durch die Weiterentwicklung der federführenden Datenschutzaufsicht wird eine einheitliche Datenschutzaufsichtspraxis im Gesundheits- und Pflegewesen mit dem Ziel gefördert, Datennutzung zu Versorgungs- und Forschungszwecken sicher und anwendbar zu gestalten.
- Wir streben an, die digitale Dokumentation zum Standard in der Pflege (SGB XI) zu machen. Des Weiteren prüfen wir, wie die Interoperabilität von Pflegedokumentationen erhöht werden kann (syntaktisch und semantisch interoperable Datenformate) und welche Voraussetzungen (zum Beispiel einheitliche Pflegeterminologien beziehungsweise -klassifikationssysteme) dafür gegebenenfalls geschaffen werden müssen.
- Wir ermöglichen die Genommedizin als eine wissensgenerierende Versorgungsform innerhalb des Modellvorhabens Genomsequenzierung nach § 64e SGB V zum Wohle der Patientinnen und Patienten zunächst mit onkologischen und seltenen Erkrankungen und evaluieren den Nutzen für die Versorgung. Wir prüfen den Anschluss an relevante Register, die ePA, an europäische Initiativen (1+ Million Genomes/Genomic Data Infrastructure) sowie an den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS).
- Der Vollbetrieb des Implantateregisters Deutschland wird zunächst für Brustimplantate aufgenommen.
Mittelfristig
- Wir etablieren eine nationale Zugangsstelle für Gesundheitsdaten als Anlaufstelle für Akteure aus der Forschung oder dem Public-Health-Bereich, die eine Verknüpfung von Gesundheits- und Pflegedaten aus verschiedenen Quellen (ePA, Routinedaten, Studiendaten etc.) ermöglicht.
- Bis Ende des Jahres 2026 werden mindestens 300 Forschungsvorhaben unter Nutzung von Daten aus dem Forschungsdatenzentrum durchgeführt beziehungsweise initiiert.
- Wir streben eine schrittweise Annäherung an das Idealbild einer Echtzeitverfügbarkeit von Gesundheitsund Pflegedaten an. Zudem zielen wir darauf ab, dass ausgewählte Routinedaten aus der vertragsärztlichen Versorgung in strukturiertem Format mindestens monatlich sowohl in die ePA wie in das FDZ übermittelt werden. Für die Leistungserbringer werden passende Fristen festgelegt.
- Wir treiben die Harmonisierung und Standardisierung von IT-Infrastrukturen und die flächendeckende Erhöhung des digitalen Reifegrads von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen voran – insbesondere auch bei den Leistungserbringern, die bislang nicht im Fokus der Digitalisierungsaktivitäten lagen (zum Beispiel Heilmittel).
- Wir schaffen Regeln für eine sichere Nutzung von Gesundheits- und Pflegedaten für das Testen und Trainieren von KI. Dabei werden der europäische Rechtsrahmen sowie einschlägige nationale, europäische und internationale Initiativen berücksichtigt.
- In einer ersten Stufe wird ein Teil der Krebsregisterdaten der Länder bundesweit beim Zentrum für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut zusammengeführt. In einer zweiten Stufe sollen alle Krebsregisterdaten anlassbezogen zusammengeführt und mit anderen Daten über eine gemeinsame Plattform verknüpft und zugänglich gemacht werden. Dabei wird für Transparenz über die Aufbewahrungsorte von Daten gesorgt und Doppelstrukturen werden abgebaut.
- Nach erfolgreicher Evaluation des Modellvorhabens Genomsequenzierung nach § 64e SGB V ermöglichen wir dessen Verstetigung in der Regelversorgung und prüfen dessen Ausweitung auf weitere Indikationen und Datensätze für die personalisierte Medizin. Des Weiteren stellen wir damit eine Anbindung an nationale und europäische Dateninfrastrukturen sicher.
- Der Betrieb des Implantateregisters Deutschland (IRD) wird auf Endoprothesen und Aortenklappen ausgeweitet.
Langfristig
- Um für Versorgung und Forschung über Grenzen innerhalb Europas hinweg den Zugang zu Gesundheitsund Pflegedaten zu ermöglichen, wird die technische und organisatorische Infrastruktur aufgebaut.
- Mit dem Modellvorhaben Genomsequenzierung nach § 64e SGB V wird eine nachhaltige Struktur für die personalisierte Medizin geschaffen, unter anderem zur Nutzung von unterschiedlichen Omics-Datensätzen in der Versorgung und Forschung.
- Der Betrieb des IRD wird auf weitere Implantattypen ausgeweitet.