Wie Arzneimittelpreise entstehen und wie man sie senken kann
Das Grundprinzip der Preisbildung kennt jeder: Angebot und Nachfrage. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ist die Sache komplizierter: Der Arzt verordnet, der Patient geht mit dem Rezept in die Apotheke.
Wie der Abgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel gebildet wird
Der Preis des Medikaments spielt für Patient, Arzt und Apotheker erst einmal keine Rolle. Die Krankenkasse bezahlt. Letztlich zahlt aber nicht die Krankenkasse, sondern der Versicherte über seinen Beitrag. Damit die Beiträge zur Krankenversicherung bezahlbar bleiben, dürfen die Ausgaben nicht unbegrenzt steigen. Darum hat das Gesundheitsministerium verschiedene Regelungen gegen zu hohe Preise entwickelt. Eine kleine Übersicht.
Das Pharmaunternehmen kann seinen Verkaufspreis für Arzneimittel zunächst frei bestimmen. Apotheken und der Großhandel erheben auf ihre Einkaufspreise Zuschläge. Der Staat schreibt nur die Höhe der Zuschläge vor, mit denen die Leistungen des pharmazeutischen Großhandels und der Apotheken vergütet werden. Grundlage für die Zuschläge ist der einheitliche Abgabepreis des Herstellers. Der Großhandel erhält einen prozentualen Aufschlag von maximal 3,15 Prozent je Packung, höchstens jedoch 37,80 Euro zuzüglich eines Festzuschlages je Packung von 73 Cent, um die Beschaffung, Bevorratung und Verteilung von Arzneimitteln von den Herstellern an die Apotheken zu vergüten. Der Zuschlag, den die Apotheken erheben dürfen, beträgt drei Prozent des Einkaufspreises. Hinzu kommt ein Fixbetrag von 8,35 Euro je Packung sowie zuzüglich 21 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes. Deshalb hat ein bestimmtes rezeptpflichtiges Arzneimittel in jeder Apotheke den gleichen Preis, egal ob in der Stadt, auf dem Land oder auf der Insel.
Originalpräparat oder Generikum?
Grundsätzlich gibt es zwei Sorten von Medikamenten auf dem Markt: patentgeschützte Arzneimittel – die sogenannten Originalpräparate – und Generika. Ein neu zugelassenes Medikament steht zunächst unter Patentschutz. Seit dem Jahr 2011 müssen Hersteller für alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen sofort bei der Markteinführung Nachweise über den Zusatznutzen für die Patienten vorlegen. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet, ob und welchen Zusatznutzen ein neues Arzneimittel hat. Auf dieser Grundlage vereinbart der Hersteller mit der gesetzlichen Krankenversicherung einen Erstattungsbetrag, der ab dem 7. Monat nach der Markteinführung gilt. Im ersten halben Jahr kann der Hersteller den Preis frei gestalten.
Läuft der Patentschutz aus, können auch andere Unternehmen diesen Wirkstoff produzieren und unter einem anderen Namen verkaufen. Solch ein Präparat wird als Nachahmerprodukt oder Generikum (Mehrzahl: Generika) bezeichnet. Der Preis ergibt sich dann im Wettbewerb.
Festbeträge
Auf dem deutschen Arzneimittelmarkt ist eine Vielzahl von Präparaten in vergleichbarer Qualität, mit vergleichbarer Wirkung und zum Teil identischer Zusammensetzung zu sehr unterschiedlichen Preisen verfügbar. Damit die Kassen (und damit die Versicherten) nicht ein teures Arzneimittel bezahlen, wenn preisgünstigere und qualitativ gleichwertige Präparate zur Verfügung stehen, gibt es für Gruppen vergleichbarer Arzneimittel – vor allem Generika – Festbeträge.
Festbeträge sind Höchstbeträge für die Erstattung von Arzneimittelpreisen durch die gesetzlichen Krankenkassen, jedoch keine staatlich festgesetzten Preise. Die Krankenkasse zahlt grundsätzlich nur bis zu dem Festbetrag. Der überwiegende Teil der medizinischen Versorgung erfolgt mittlerweile mit Festbetragsarzneimitteln – ihr Anteil an den Verordnungen beträgt rund 80 Prozent.
Ist ein Arzneimittel teurer als der Festbetrag, zahlen die Versicherten entweder die Mehrkosten selbst oder bekommen ein anderes Arzneimittel ohne Aufzahlung, das therapeutisch gleichwertig ist. Meist wollen die Versicherten Arzneimittel ohne Aufzahlung, daher fordern Pharmaunternehmen nur für wenige Arzneimittel Preise über dem Festbetrag.
Zuzahlungsfreie Arzneimittel
Für jedes zu Lasten der GKV verordnete Arzneimittel müssen Versicherte in der Apotheke zuzahlen: zehn Prozent des Verkaufspreises, jedoch höchstens zehn Euro und mindestens fünf Euro, jedoch nicht mehr als den Arzneimittelpreis. Besonders preisgünstige Arzneimittel, d. h. mindestens 20 Prozent unter dem Festbetrag, können von der Zuzahlung freigestellt werden.
Gesetzlich vorgeschriebene Rabatte für die Krankenkassen
Herstellerabschläge
Pharmazeutische Unternehmer müssen den Krankenkassen für Arzneimittel ohne Festbetrag einen gesetzlich vorgegebenen Rabatt auf den Abgabepreis einräumen. Bei patentgeschützten Präparaten beträgt dieser sieben Prozent des Abgabepreises; während er bei patentfreien, wirkstoffgleichen Arzneimitteln bei sechs Prozent liegt. Für Letztere erhalten die Krankenkassen allerdings zusätzlich 10 Prozent Rabatt.
Mit dem Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften (GKV-ÄndG) wurde zudem ein Preisstopp für Arzneimittel festgelegt, die von den Krankenkassen bezahlt werden und für die kein Festbetrag gilt. Dies wurde notwendig, um die ausufernden Ausgaben im Arzneimittelbereich einzudämmen und die finanzielle Stabilität der GKV zu sichern. Dieses Preismoratorium gilt nach Verlängerung bis Ende 2026.
Apothekenabschlag
Zusätzlich dazu erhalten die Krankenkassen von den Apotheken für Fertigarzneimittel einen sogenannten Apothekenabschlag in Höhe von gesetzlich festgelegten 1,77 Euro je Arzneimittel. Vom 1. Februar 2023 bis 31. Januar 2025 beträgt der Abschlag 2 Euro. Ist für das Arzneimittel ein Festbetrag festgesetzt, bemisst sich der Abschlag nach dem Festbetrag. Liegt der Arzneimittelabgabepreis unter dem Festbetrag, bemisst sich der Abschlag nach dem niedrigeren Abgabepreis.
Voraussetzung für den Anspruch auf den Apothekenabschlag ist, dass die Krankenkasse innerhalb von 10 Tagen nach Eingang der Rechnung zahlt. Insoweit hat der Rabatt eine Skontofunktion und hält die Krankenkassen zum zügigen Ausgleich der Apothekenrechnungen an.
Rabattverträge zwischen Pharmaindustrie und Krankenkasse
Zusätzlich kann jede Krankenkasse mit pharmazeutischen Unternehmern für Arzneimittel weitere Rabatte bzw. Preisnachlässe aushandeln und die Einsparungen an ihre Versicherten weitergeben. Die Apotheke gibt dann exklusiv das Arzneimittel des Herstellers ab, mit dem die Krankenkasse einen Vertrag geschlossen hat. Bei Rabattverträgen werden eine Vielzahl Preisnachlässe auf die Listenpreise für unterschiedliche Packungen und Krankenkassen gewährt. Der Vorteil für den Versicherten: die Krankenkasse kann ihren Versicherten unter bestimmten Voraussetzungen die Vertragspräparate ohne Zuzahlung zur Verfügung stellen.