Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)
Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) sind Leistungsverbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auf den Weg gebracht worden. Außerdem wird die finanzielle Lage der sozialen Pflegeversicherung stabilisiert, die Arbeitsbedingungen für beruflich Pflegende verbessert und die Digitalisierung in der Langzeitpflege gestärkt. Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf in 2./3. Lesung am 26.05.2023 verabschiedet.
Klicken Sie auf den Button, um den Inhalt nachzuladen.
Anhebung der Leistungsbeträge
Welche Leistungsbeträge der sozialen Pflegeversicherung werden wann angehoben?
Um die Pflegebedürftigen bei steigenden Kosten zu entlasten und ihre Angehörigen zu unterstützen, werden die Leistungsbeträge in mehreren Schritten angehoben. Ein Schwerpunkt liegt hier insbesondere auf der ambulanten Pflege.
Im ersten Schritt werden die Hauptleistungen im häuslichen Bereich angehoben: Zum 1. Januar 2024 steigt das Pflegegeld um 5 Prozent an. Gleichzeitig werden auch die Leistungsbeträge für ambulante Sachleistungen, also häusliche Pflegehilfen durch ambulante Pflege- und Betreuungsdienste, um 5 Prozent angehoben.
Zum 1. Januar 2025 steigen dann alle Leistungsbeträge der Pflegeversicherung – sowohl im häuslichen wie auch im teil- und vollstationären Bereich – in Höhe von 4,5 Prozent an. Auch das Pflegegeld und die ambulanten Sachleistungen steigen mit diesem Schritt nochmals um 4,5 Prozent an.
Zum 1. Januar 2028 ist eine weitere Erhöhung geplant, die sich am Anstieg der Kerninflationsrate in den drei vorausgehenden Kalenderjahren, für die zu diesem Zeitpunkt die Daten vorliegen, orientiert. Hierbei werden wiederum sämtliche Leistungsbeträge der Geld- und Sachleistungen der Pflegeversicherung regelgebunden automatisch dynamisiert.
Pflegeunterstützungsgeld
Unter welchen Voraussetzungen können Beschäftigte Pflegeunterstützungsgeld in Anspruch nehmen?
Beschäftigte haben das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Dies ist in § 2 Pflegezeitgesetz geregelt und wird als kurzzeitige Arbeitsverhinderung bezeichnet.
Liegen die Voraussetzungen der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung vor und hat die oder der Beschäftigte für diesen Zeitraum beispielsweise keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber, kann der Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld geltend gemacht werden. Das Pflegeunterstützungsgeld wird auf Antrag gewährt.
Welche Änderungen gibt es beim Pflegeunterstützungsgeld?
Das Pflegeunterstützungsgeld kann von Angehörigen künftig pro Kalenderjahr für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person in Anspruch genommen werden und ist damit nicht mehr beschränkt auf insgesamt zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person.
Diese Verbesserung tritt am 1. Januar 2024 in Kraft.
Gemeinsamer Jahresbetrag
Was ändert sich durch den Gemeinsamen Jahresbetrag?
Mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) werden zum 1. Juli 2025 die Leistungsbeträge der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege zu einem Gemeinsamen Jahresbetrag für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege gemäß einem neuen § 42a SGB XI zusammengefasst. Damit steht für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege künftig ein kalenderjährlicher Gesamtleistungsbetrag von bis zu 3.539 Euro zur Verfügung, den die Anspruchsberechtigten nach ihrer Wahl flexibel für beide Leistungsarten einsetzen können. Die bisherigen unterschiedlichen Übertragungsregelungen entfallen dann und müssen somit nicht mehr beachtet werden.
Gleichzeitig werden die geltenden Voraussetzungen bei der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege soweit als möglich angeglichen, wo die Vereinheitlichung dazu dient, den flexiblen Einsatz des Gesamtleistungsbetrags zu ermöglichen und Hindernisse abzubauen. So wird die zeitliche Höchstdauer der Verhinderungspflege auf bis zu acht Wochen im Kalenderjahr angehoben und damit der zeitlichen Höchstdauer der Kurzzeitpflege angeglichen. Gleiches gilt beispielsweise für den Zeitraum der hälftigen Fortzahlung eines zuvor bezogenen (anteiligen) Pflegegeldes sowohl während der Verhinderungspflege als auch während der Kurzzeitpflege.
Zudem entfällt ab dem 1. Juli 2025 das Erfordernis einer sechsmonatigen Vorpflegezeit vor der erstmaligen Inanspruchnahme von Verhinderungspflege. Damit kann der Anspruch auf Verhinderungspflege – ebenso wie heute bereits der Anspruch auf Kurzzeitpflege – künftig unmittelbar ab Vorliegen von mindestens Pflegegrad 2 genutzt werden kann. Auch in weiteren Vorschriften erfolgen Folgeänderungen.
Begleitet wird dies durch Informations- und Transparenzregelungen, die dazu dienen, dass die Pflegebedürftigen jederzeit im Blick behalten können, in welcher Höhe Leistungen über den Gemeinsamen Jahresbetrag abgerechnet werden, ohne dass sie diese Informationen gesondert anfordern müssen. Damit werden das Leistungsrecht und der Leistungsbezug für die Pflegebedürftigen und ihre Pflegepersonen insgesamt besser nachvollziehbar.
Welche Besonderheit gilt für Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 4 und 5 bis zum Alter von 25 Jahren?
Pflegebedürftige Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit schwersten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten werden typischerweise durch ihre Eltern gepflegt, die bei der Versorgung oft besonders belastet sind. Gerade die Leistungen der Verhinderungspflege, die bei einer Verhinderung der Pflegeperson auch eine häusliche Versorgung ermöglichen, sind für diese Pflegebedürftigen und ihre Pflegepersonen besonders wichtig. Daher werden die wesentlichen Rechtswirkungen des Gemeinsamen Jahresbetrags für die Pflegebedürftigen mit den Pflegegraden 4 und 5 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs bereits vorgezogen.
Für diese gilt ab dem 1. Januar 2024:
- Die Verhinderungspflege kann anstatt bis zu sechs bereits bis zu acht Wochen im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden,
- auch die hälftige Fortzahlung eines zuvor bezogenen (anteiligen) Pflegegeldes während der Verhinderungspflege erfolgt anstatt für bis zu sechs bereits für bis zu acht Wochen im Kalenderjahr,
- es können im Kalenderjahr bis zu 100 Prozent – im Jahr 2024 also bis zu 1.774 Euro – der Mittel der Kurzzeitpflege zugunsten der Verhinderungspflege umgewidmet werden, soweit die Mittel nicht bereits für Leistungen der Kurzzeitpflege verbraucht worden sind (der umgewidmete Betrag wird dabei auf den Leistungsbetrag der Kurzzeitpflege angerechnet, vermindert diesen also entsprechend) und
- die sechsmonatige Vorpflegezeit vor der erstmaligen Inanspruchnahme von Verhinderungspflege entfällt.
Vollstationäre Pflege
Wie soll verhindert werden, dass steigende pflegebedingte Eigenanteile im Heim Pflegebedürftige überlasten?
Die Leistungszuschläge, die die Pflegeversicherung nach § 43c SGB XI für Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 2 in vollstationären Pflegeeinrichtungen übernimmt, werden erhöht. Die Höhe der monatlichen Zuschläge ist dabei abhängig von der Verweildauer der Pflegebedürftigen in der vollstationären Pflege.
Zum 1. Januar 2024 wird der Anteil an den pflegebedingten Aufwendungen, den die Pflegeversicherung leistet,
- bei einer Verweildauer von 0 bis 12 Monaten von 5 % auf 15 %,
- bei einer Verweildauer von 13 bis 24 Monaten von 25 % auf 30 %,
- bei einer Verweildauer von 25 bis 36 Monaten von 45 % auf 50 % und
- bei einer Verweildauer von mehr als 36 Monaten von 70 % auf 75 %
des von der oder dem Pflegebedürftigen in der vollstationären Pflegeeinrichtung zu zahlenden Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen angehoben. Dies bewirkt bei den Pflegebedürftigen eine konkrete Entlastung.
Beiträge
Wer muss welche Beiträge zahlen?
Zur Absicherung bestehender Leistungsansprüche gegenüber der sozialen Pflegeversicherung und der im Rahmen dieser Reform vorgesehenen Leistungsanpassungen wird der reguläre Beitragssatz zur Pflegeversicherung zum 1. Juli 2023 moderat um 0,35 Prozentpunkte angehoben. Diese Maßnahme ist mit Mehreinnahmen in Höhe von rund 6,6 Mrd. Euro/Jahr verbunden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, den Beitragssatz künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen, sofern auf kurzfristigen Finanzierungsbedarf reagiert werden muss. Bundestag und Bundesrat sind dabei zu beteiligen.
Ebenfalls zum 1. Juli 2023 wird der Beitragssatz nach der Kinderzahl differenziert. Dies dient der Umsetzung eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022. Eltern zahlen dann generell 0,6 Beitragssatzpunkte weniger als Kinderlose. Bei kinderlosen Mitgliedern gilt ein Beitragssatz in Höhe von 4 %. Bei Mitgliedern mit einem Kind gilt demgegenüber nur ein Beitragssatz von 3,4 %. Bei Mitgliedern mit mehreren Kindern unter 25 Jahren reduziert sich der Beitragssatz darüber hinaus ab dem zweiten bis zum fünften Kind um einen Abschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten je Kind. Damit wird der wirtschaftliche Aufwand der Kindererziehung berücksichtigt, der in dieser Zeit typischerweise anfällt. Nach der jeweiligen Erziehungsphase entfällt der Abschlag wieder. Nach der Zeit, in der der wirtschaftliche Aufwand der Kindererziehung typischerweise anfällt, ist eine weitere Differenzierung zwischen Mitgliedern mit unterschiedlicher Kinderzahl nicht mehr vorgesehen. Wenn nicht mehr mindestens zwei Kinder jünger als 25 Jahren sind, gilt der reguläre Beitragssatz in Höhe von 3,4 %.
Es gelten somit folgende Beitragssätze:
Mitglieder ohne Kinder |
= 4,00 % (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3 %) |
Mitglieder mit 1 Kind |
= 3,40 % (lebenslang) (AN-Anteil: 1,7 %) |
Mitglieder mit 2 Kindern |
= 3,15 % (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45 %) |
Mitglieder mit 3 Kindern |
= 2,90 % (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2 %) |
Mitglieder mit 4 Kindern |
= 2,65 % (Arbeitnehmer-Anteil 0,95 %) |
Mitglieder mit 5 und mehr Kindern |
= 2,40 % (Arbeitnehmer-Anteil 0,7 %) |
In der Kindererziehungsphase werden Eltern mit mehreren Kindern daher spürbar entlastet.
Der Arbeitgeberanteil beträgt unabhängig von der Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder 1,7 %.
Ab wann gelten die neuen Beitragssätze?
Die neuen Beitragssätze gelten ab dem 1. Juli 2023.
Wie können berücksichtigungsfähige Kinder nachgewiesen werden?
Für die Berücksichtigung der Abschläge muss die Anzahl der Kinder unter 25 Jahren gegenüber der beitragsabführenden Stelle (zum Beispiel dem Arbeitgeber oder der Rentenversicherung) nachgewiesen sein, es sei denn, diesen sind die Angaben bereits bekannt. Bei Selbstzahlern ist der Nachweis gegenüber der Pflegekasse zu führen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen gibt Empfehlungen dazu ab, welche Nachweise geeignet sind.
Um sowohl die Mitglieder als auch die beitragsabführenden Stellen und die Pflegekassen von Verwaltungsaufwand zu entlasten, sieht das Gesetz vor, dass bis zum 31. März 2025 ein digitales Verfahren zur Erhebung und zum Nachweis der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entwickelt wird. Damit sollen den beitragsabführenden Stellen sowie den Pflegekassen die Daten zu den berücksichtigungsfähigen Kindern bis spätestens zu diesem Zeitpunkt in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden.
Vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 (Übergangszeitraum) ist ein vereinfachtes Nachweisverfahren vorgesehen. In diesem Zeitraum ist es ausreichend, wenn Mitglieder ihre unter 25-jährigen Kinder der beitragsabführenden Stelle oder der Pflegekasse mitteilen, sofern sie von dieser dazu aufgefordert werden. Auf die Vorlage und Prüfung konkreter Nachweise kann in diesem Fall verzichtet werden. Spätestens nach dem Übergangszeitraum müssen die beitragsabführenden Stellen und die Pflegekassen die angegebenen Kinder überprüfen.
Was passiert, wenn die beitragsabführende Stelle oder die Pflegekasse die kinderbezogenen Abschläge nicht rechtzeitig ab dem 1. Juli 2023 berücksichtigen kann?
Wenn der beitragsabführenden Stelle oder der Pflegekasse die Berücksichtigung der Abschläge ab dem 1. Juli 2023 nicht möglich ist, weil sie beispielsweise auf die Einführung eines digitalen Verfahrens wartet, muss sie die Abschläge rückwirkend bis spätestens zum 30. Juni 2025 erstatten. Der Erstattungsbetrag ist zu verzinsen.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Beitragsdifferenzierung nach Kinderzahl.
Weitere Verbesserung der Transparenz
Kann ich künftig von meiner Pflegekasse genauere Angaben über die Leistungen erhalten, die ich in Anspruch genommen habe?
Neben der Einführung des Gemeinsamen Jahresbetrags für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege enthält das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz weitere Regelungen, die die Transparenz für die Versicherten erhöhen. Bereits heute ist geregelt, dass die Pflegekassen die Versicherten auf deren Antrag über die in einem Zeitraum von mindestens 18 Monaten vor Antragstellung in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten unterrichten, also eine Übersicht über die in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten übermitteln (§ 108 Absatz 1 SGB XI).
Ab dem 1. Januar 2024 wird diese Regelung weiterentwickelt: Versicherte erhalten eine Übersicht über die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten auf Wunsch dann regelmäßig jedes Kalenderhalbjahr. Eine formlose Anforderung bei der Pflegekasse, dass die regelmäßige Übersendung dieser Übersicht gewünscht ist, reicht dafür aus. Auf Anforderung können die Versicherten zudem auch weitere Detailinformationen zu den Leistungen erhalten, die in Bezug auf sie zur Abrechnung bei der Pflegekasse eingereicht worden sind. Auch diese Informationen können ab dem 1. Januar 2024 angefordert werden.
Bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte
Förderprogramm zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf bis 2030 verlängert. Was bezweckt das Förderprogramm?
Pflege findet rund um die Uhr statt – auch nachts, an Wochenenden oder an Feiertagen. An Pflegekräfte stellt dies besonders hohe Anforderungen an die Vereinbarkeit von familiärer Pflege, Familie und Beruf. Um sie dabei zu unterstützen, diesen Anforderungen besser gerecht werden zu können, werden Maßnahmen der Pflegeeinrichtungen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung gefördert.
Was ändert sich gegenüber dem Status Quo?
Das Förderprogramm zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf für in der Langzeitpflege tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen wird über das Jahr 2024 hinaus bis zum Jahr 2030 verlängert. Denn durch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen können mehr Menschen dazu motiviert werden, in der Pflege zu arbeiten oder ihre Wochenstunden aufzustocken, und kann ein Abwandern in die Leiharbeit verhindert werden.
Darüber hinaus werden ab dem 1. Juli 2023 die Höhe und der Förderanteil nach der Größe der Pflegeeinrichtungen gestaffelt. Kleinere Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste mit bis zu 25 in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erhalten zukünftig für die Maßnahmen mehr Mittel und müssen einen geringeren Anteil selbst aufwenden. Denn insbesondere auch für kleinere Pflegeeinrichtungen sind tragfähige Konzepte gefragt, mit denen auch kurzfristige Personalengpässe unter Berücksichtigung der Vereinbarkeit von familiärer Pflege, Familie und Beruf erfolgreich überbrückt werden können.
Wie lange und wie häufig können Pflegeeinrichtungen Fördermittel zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf beantragen?
Pflegeeinrichtungen können jährlich und noch bis Ende des Jahres 2030 Fördermittel für Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf beantragen.
Springerpools zur Entlastung des Pflegepersonals bei Personalausfällen werden regelhaft finanziert; die Finanzierbarkeit von Leiharbeit wird begrenzt. Können Pflegeeinrichtungen zukünftig eigenes Personal für Springerpools vereinbaren?
Mit dem PUEG werden die Landesrahmenvertragspartner in § 75 SGB XI beauftragt, die bestehenden Verträge zu ergänzen: Es sollen die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen Personalpools sowie vergleichbare betriebliche Ausfallkonzepte etablieren können. Vergleichbare betriebliche Ausfallkonzepte können beispielsweise auch Springerkonzepte wie
- Springerkräfte, die innerhalb eines Springerdienstplans eingesetzt werden,
- Springerdienste, die gleichmäßig auf alle Pflegefachkräfte im Team verteilt werden, sowie
- Springerpools, die sich aus mehreren Pflegefachkräften oder einem Mix aus Fach- und Hilfskräften zusammensetzen, die zu vereinbarten Dienstzeiten einspringen, sein.
Das Ziel ist – entsprechend der Vereinbarungen der Konzertierten Aktion Pflege – die Anzahl der Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer in der Langzeitpflege zu reduzieren und – ensprechend der Vereinbarungen des Koalitionsvertrags – Pflegekräfte zügig und spürbar zu entlasten und den Pflegeberuf wieder attraktiver zu machen.
Können vollstationäre Pflegeeinrichtungen auch über die ab 1. Juli 2023 geltenden Personalanhaltswerte hinaus Personal für Personalpools und vergleichbare betriebliche Ausfallkonzepte vereinbaren?
Ab dem 1. Juli 2023 kann in den Pflegesatzvereinbarungen für vollstationäre Pflegeeinrichtungen Pflege- und Betreuungspersonal bis zur Höhe der in § 113c Absatz 1 SGB XI festgelegten Personalanhaltswerte vereinbart werden. Damit können (bezogen auf eine bundesdurchschnittliche Einrichtung mit 100 Bewohnerinnen und Bewohnern) bis zu 6 Vollzeitkräfte zusätzlich vereinbart werden. Darüber hinaus kann weiteres Personal vereinbart werden, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Im PUEG wurde klargestellt, dass als sachlicher Grund auch gilt, wenn Personal in Personalpools oder im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Ausfallkonzepte tätig ist, mit denen die vertragliche vereinbarte Personalausstattung bei kurzfristigen Personalausfällen oder vorübergehend nicht besetzbaren Stellen sichergestellt wird.
Können Mitarbeiterinnen und Mitarbeite, die flexibel einspringen, sog. Flexi-Zulagen erhalten und können diese finanziert werden?
Finanzielle Zuschläge für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei kurzfristiger Übernahme eines Dienstes (sog. „Flexi-Zulagen“) können sowohl bei der Stammbelegschaft als auch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die regelhaft im Rahmen von Springerpools tätig sind, gezahlt werden. Dies kann nach dem PUEG als sachlicher Grund im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden. Damit kann eine Tätigkeit in einem Springerpool oder im Rahmen eines vergleichbaren betrieblichen Ausfallkonzepts auch finanziell für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter attraktiv sein.
Können die Kosten für Leiharbeit finanziert werden?
Die Kosten für Leiharbeit können nach den Regelungen des PUEG regelmäßig nur bis zu der Höhe als wirtschaftlich anerkannt werden, die auch für direkt bei der Pflegeeinrichtung Beschäftigte anerkannt werden. Die Zahlung von Vermittlungsentgelten kann nicht als wirtschaftlich anerkannt werden. Ausnahmen sind möglich, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Zu den möglichen sachlichen Gründen wird bis Ende 2023 von den Verbänden der Pflegekassen und der Leistungserbringer unter Beteiligung weiterer Akteure eine Bundesempfehlung erarbeitet. Damit soll auf eine einheitliche Umsetzung der Regelung hingewirkt werden.
Wie kann auf Grundlage der neuen Personalanhaltswerte ab 1. Juli 2023 mehr Personal auch bei qualifizierten Pflegehilfskräften vereinbart und eingestellt werden?
Mit dem PUEG wird die Möglichkeit geschaffen, dass Pflegehilfskräfte ohne Berufsausbildung, die sich berufsbegleitend zur ein- oder zweijährigen Pflegehilfs- oder -assistenzkraft oder zur Pflegefachperson weiterqualifizieren, bereits während berufsbegleitenden Ausbildung beim Stellenschlüssel für den angestrebten Berufsabschluss berücksichtigt werden. Gleiches gilt für ausländische Fachkräfte während eines Anerkennungslehrgangs. Dadurch kann zügig mehr Personal eingestellt werden, so dass die Pflegekräfte besser entlastet werden. Zugleich bestehen dadurch Anreize für eine weitergehende Qualifizierung von Pflegehilfskraftpersonal, was der Qualität der Versorgung zugutekommt.
Können die Kosten für die Anwerbung von Pflegefachkräften finanziert werden?
Die Aufwendungen für die Personalbeschaffung können grundsätzlich bei den Pflegevergütungsverhandlungen berücksichtigt werden. Das PUEG stellt nun klar, dass die Vereinbarungspartner auf Landesebene in ihren Rahmenverträgen regeln sollen, welche Dokumente und sonstige Nachweise für die zu erwartenden Sach- und Personalaufwendungen geeignet sein können; gerade auch im Hinblick auf Aufwendungen für die Beschaffung von im Ausland angeworbenem Personal. Bei in Drittstaaten angeworbenem Personal kann die Berücksichtigung der Aufwendungen vom Nachweis einer fairen und ethischen Anwerbung verlangt werden. Dieser Nachweis kann durch das gesetzliche Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland" geführt werden."
Digitalisierung in der Pflege
Wie wird durch das Gesetz die Digitalisierung in der Pflege gefördert?
Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege
Es wird beim Spitzenverband Bund der Pflegekassen ein Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege eingerichtet, das die Potentiale zur Verbesserung und Stärkung der pflegerischen Versorgung sowohl für die Betroffenen als auch die Pflegenden identifiziert und verbreitet.
Digitale Pflegeanwendungen
Es wird klargestellt, dass die Vergütungsbeträge für digitale Pflegeanwendungen, die zwischen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen und den Herstellern vereinbart werden, für die Hersteller und gegenüber den Pflegebedürftigen bindend sind. Die Pflegekassen werden zudem verpflichtet, Pflegebedürftige über die von ihnen für ergänzende Unterstützungsleistungen und digitale Pflegeanwendungen selbst zu tragenden Kosten einschließlich der Mehrkosten nach § 40a Absatz 2 Satz 8 SGB XI vorab in schriftlicher oder elektronischer Form zu informieren
Ausweitung und Verlängerung des Förderprogramms zur Digitalisierung in Pflegeeinrichtungen
Das Förderprogramm nach § 8 Absatz 8 SGB XI für digitale und technische Anschaffungen in Pflegeeinrichtungen wird bis 2030 verlängert. Die Anschaffungen können nun neben der Entlastung der Pflegekräfte auch zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung der Pflegebedürftigen sowie zur Stärkung ihrer Beteiligung dienen, wenn beispielsweise Bewohnerinnen und Bewohnern einer stationären Pflegeeinrichtung ein Zugang zu Internet- oder WLAN-Anschluss ermöglicht wird.
Weitere Informationen zum bestehenden Förderprogramm finden Sie auf der Internetseite des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen.
Anbindungspflicht für Pflegeeinrichtungen an die Telematikinfrastruktur
Die Anbindung an die sichere, digitale "Datenautobahn" für das Gesundheitswesen, die sog. Telematikinfrastruktur (TI), die bisher freiwillig ist, wird für Pflegeeinrichtungen ab dem 1. Juli 2025 verpflichtend. Die Finanzierung entstehender Kosten ist nach § 106b SGB XI bereits geregelt: Die Pflegeeinrichtungen erhalten von der Pflegeversicherung eine Erstattung der erforderlichen erstmaligen Ausstattungskosten und der laufenden Betriebskosten.
Unterstützung Pflegebedürftiger vor Ort
Wie soll die Unterstützung von Pflegebedürftigen vor Ort und im Quartier verbessert werden?
Gemeinsame Modellvorhaben für Unterstützungsmaßnahmen und –strukturen vor Ort und im Quartier
Länder und Kommunen können gemeinsam mit der Pflegeversicherung über ein neu geschaffenes Budget Modellvorhaben für innovative Unterstützungsmaßnahmen und –strukturen für Pflegebedürftige vor Ort und im Quartier fördern. Durch die Förderung von Modellvorhaben sollen Bürgerinnen und Bürger durch innovative Maßnahmen und verbesserte Versorgungsstrukturen unterstützt und entlastet werden. Die Förderung dient der Erleichterung der Situation der Pflegebedürftigen und deren Pflegepersonen sowie der Schaffung von Transparenz und der Verbesserung des Zugangs zu den vorhandenen Hilfemöglichkeiten. Deshalb sollen die Modellvorhaben vor Ort und im Quartier durchgeführt und erprobt werden.
Zudem erhalten die Kommunen ein dauerhaftes Initiativrecht zur Einrichtung von Pflegestützpunkten zur Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen