Mobiles und smartes Neurosensorsystem für die Erkennung und Dokumentation epileptischer Anfälle im Alltag (MOND)

Ressortforschung im Handlungsfeld „Digitalisierung“, Förderschwerpunkt „Digitale Innovationen“

Frau im Park mit Knopf im Ohr

Motivation

In Deutschland ist rund ein Prozent der Bevölkerung von Epilepsie betroffen. Für diese etwa 800.000 Menschen gehen die auftretenden epileptischen Episoden mit erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wie beispielsweise einer zwei- bis dreifach erhöhten Sterblichkeit, sowie Einschränkungen in der beruflichen und sozialen Teilhabe einher. Mithilfe smarter Sensorik und Datenanalysen mittels Künstlicher Intelligenz (KI) soll der im Projekt MOND zu entwickelnde mobile Sensor für eine automatische Erkennung epileptischer Anfälle sorgen. Bislang baut die ärztliche Anamnese auf Berichten von Betroffenen und Bezugspersonen auf. Die mobil aufgezeichneten Biosignale können dazu beitragen, die Diagnostik präziser zu machen, eine zielgenauere medikamentöse Behandlung zu ermöglichen und die Versorgungssituation insgesamt zu verbessern.

Ziele und Vorgehen

Das primäre Arbeitsziel des Projekts MOND ist es, ein innovatives und im Alltag tragbares System zum Erkennen und Dokumentieren epileptischer Anfälle zu entwickeln. Hierzu sollen die kombinierten Kennzahlen zu Herzfrequenz, Körpertemperatur, Beschleunigung sowie Herzratenvariabilität und Sauerstoffsättigung zusammen mit Elektroenzephalografie-Signalen (EEG) durch Sensorik in Ohrnähe erfasst und mittels KI-basierter Algorithmen ausgewertet werden. Wie Vorarbeiten im Forschungsprojekt „EPItect“ (Förderkennzeichen: 16SV7482) gezeigt haben, reicht die Erkennung epileptischer Anfälle ohne eine Erfassung und Auswertung von EEG-Signalen nicht für eine klinisch bedeutsame Verbesserung der Anfallszählung aus. Um Artefakte herauszufiltern, die sich durch Aktivitäten der Kopfmuskulatur in Alltagssituationen ergeben können, sollen verschiedene Ansätze des maschinellen Lernens zum Einsatz kommen. Durch die gewonnenen und ausgewerteten Vitaldaten sollen präzisere Diagnosen und Therapieansätze erstellt werden können. Hierdurch soll perspektivisch das Risiko eines sogenannten „sudden unexpected death in epilepsy“ (SUDEP), also des plötzlich eintretenden Todesfalls während einer epileptischen Episode, gesenkt werden. Die Nutzenden werden in den Entwicklungsprozess im Rahmen klinischer Erprobungsstudien mit bis zu 80 Testpersonen eingebunden. Daneben sind auch Validierungs- und Vergleichsstudien geplant, bei denen unter anderem unterschiedliche EEG-Sensoriken verglichen werden. Zusätzlich werden Studien zur Nutzungsfreundlichkeit und -akzeptanz durchgeführt.

Perspektiven für die Praxis

Bei erfolgreicher Entwicklung ließe sich durch den Einsatz eines derartigen mobilen Anfall-Erkennungssystems die medizinische Überwachung der Patientinnen und Patienten erheblich verbessern. Dies würde die Lebensqualität steigern, da gezieltere und individuellere Behandlungsansätze möglich werden. Sollte die Funktionalität des Demonstrators nachgewiesen werden können, planen die klinischen Partner, eine Zulassungsstudie für das Erkennungssystem durchzuführen. Bei erfolgreicher Zulassung ergäben sich durch die verbesserte Anfallerkennung neben den gesundheitlichen auch wirtschaftliche Vorteile, wie zum Beispiel ein verminderter Betreuungsaufwand, der auch mit Einsparungen bei den Versorgungskosten einherginge. Teile des im Projekt neu erlangten Know-hows sollen nach Projektende außerdem in Form von Industriekooperationen wirtschaftlich verwertet werden. Dazu ist zunächst eine Lizenzierung der entwickelten Algorithmen geplant. Außerdem soll ein im Projekt gewonnener Referenzdatensatz aus EEG- und Vitaldaten öffentlich zugänglich gemacht und für andere Forschungsvorhaben verfügbar gemacht werden.

Fakten zum Projekt

Projektleitung

Fraunhofer-Institut für Digitale
Medientechnologie IDMT in Oldenburg
Dr. Karen Insa Wolf
Marie-Curie-Straße 2
26129 Oldenburg

Projektlaufzeit

01.04.2020 bis 31.12.2022

Projektbeteiligte

  • Fraunhofer-Institut für Software und Systemtechnik ISST
  • Uniklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Epileptologie
  • Philipps-Universität Marburg, Uniklinikum Marburg
  • Cosinuss GmbH
  • HörTech gGmbH
  • Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
  • Universität Bayreuth, Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften

Das Projekt ist Teil des Forschungsschwerpunkts „Digitale Innovationen“ für die Verbesserung der patientenzentrierten Versorgung im Gesundheitswesen.

Ansprechperson

Dr. Joachim Burbiel
DLR Projektträger
projekttraeger-bmg(at)dlr.de 

Stand: 5. September 2024

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