Sensorgestützte Schwangerschaftsvorsorge im häuslichen Umfeld (SMART Start)
Ressortforschung im Handlungsfeld „Digitalisierung“, Förderschwerpunkt „Digitale Innovationen“
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Motivation
In der Schwangerenbetreuung bieten sensorische Anwendungen (wie Ultraschall oder Kardiotokografie sowie maternale und fetale Herzfrequenzmessungen) großes Potenzial, um die Sicherheit von Kind und Mutter zu gewährleisten. Insbesondere einfachere Bedienungen, gesenkte Kosten und ein stetiges Weiterentwickeln der Hardware haben dazu beigetragen, die Anwendungen in den vergangenen Jahren attraktiver zu machen. Zugleich besteht im Bereich Geburtshilfe jedoch in einzelnen Landesteilen eine flächendeckende Unterversorgung. Schwangere müssen weite Anfahrtswege in Kauf nehmen. Mithilfe sensorbasierter Anwendungen, die im häuslichen Umfeld eingesetzt werden, soll dieses Problem angegangen und das Gesundheitssystem entlastet werden. Der aktuelleMarkt für diese Anwendungen ist außerdem durch hohes kommerzielles Interesse geprägt, ohne dass bisher jedoch die wissenschaftliche Qualität und Grundlage gewährleistet sind. Diesem Problem widmet sich das Projekt „SMART Start“.
Ziele und Vorgehen
Ziel des Projekts ist es, die Vorsorge für Schwangere zu verbessern. Innovative Sensorik, die im häuslichen Umfeld – dem dann sogenannten Smart Home – eingesetzt wird, soll helfen, die Schwangeren besser und gezielter zu betreuen. Mittels einer Health-App werden die Sensorik- und Gesundheitsdaten gespeichert und verarbeitet. Es soll ein gesamtheitliches Smart-Home-Konzept entwickelt werden, das unter anderem das Einbinden von Messungen aus der regulären Schwangerschaftsvorsorge wie etwa die Werte zur Herzfrequenz oder Urinuntersuchungen vorsieht. Diese Daten sollen durch Messungen etwa der Schlafqualität und des Bewegungsverhaltens erweitert werden und dazu beitragen, die seelische Gesundheit zu verbessern. Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens werden eingesetzt, um die aus den Sensoren gewonnenen Daten zu analysieren und daraus konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten. Begleitend sollen dabei unter anderem Fragestellungen zur Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse der KI-Methoden und zur Ethik betrachtet werden. Eine anschließende gesundheitsökonomische Evaluation soll die entstehenden Kosten des Systems beziffern.
Perspektiven für die Praxis
Das übergeordnete Ziel des Projekts besteht darin, die Versorgungssituation für Schwangere zu verbessern und die Möglichkeiten sensorischer Anwendungen effektiv einzusetzen. Dazu soll die medizinische Versorgung vermehrt in den häuslichen Bereich verlagert und der Informationsgewinn gezielt gefördert werden. So könnte die Anzahl der notwendigen Arzt- und Krankenhausbesuche verringert werden, was zugleich eine geringere Belastung für die Schwangeren bedeutet. Zudem würde das Gesundheitssystem entlastet werden, was an anderer Stelle wiederum eine bessere Versorgung Schwangerer erlaubt. Der Fortschritt im Rahmen des Projekts wird dokumentiert, die Ergebnisse in geeigneten wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht und auf nationalen und internationalen Kongressen präsentiert. Andere Kliniken sollen die Ergebnisse ebenfalls zeitnah praktisch nutzen können. Möglicherweise kann ein solches Smart-Home- System später auch für die Diagnostik und Therapie von Krebs-, Herzkreislauf- oder neurologischen Erkrankungen angepasst und genutzt werden. Bei den Erkrankungen müssen ebenfalls immer wieder Vitalparameter gemessen werden, sodass derartige Überwachungen auch stärker in den häuslichen Bereich verschoben werden könnten.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen eine hohe Akzeptanz und Zufriedenheit unter den Teilnehmenden. Schwangere betrachteten die digitale Mutterpass-App und die smarten Sensoren als nützliche Ergänzungen zur herkömmlichen Vorsorge. Des Weiteren konnten neue Anwendungsgebiete der KI-gestützten Auswertung schwangerschaftsbezogener Daten aufgedeckt werden. Die ökonomische Analyse der Studie zeigte, dass Kosteneinsparungen generell möglich sind, die Zahlungsbereitschaft der Schwangeren jedoch begrenzt ist, was auf eine notwendige Kostensubventionierung hinweist. Im Rahmen des ethischen Teilprojekts wurde eine normative Analyse zu wesentlichen ethischen Aspekten durchgeführt. In ethischen Workshops wurde die theoretische Debatte mit den beteiligten Stakeholdern an Einsichten aus der Praxis zurückgebunden.
Digitale Technologien und smarte Sensorik können eine wertvolle Ergänzung zur traditionellen Schwangerschaftsvorsorge darstellen. Die Mutterpass-App, die Integration von Wearables, aber auch die Einbindung von komplexeren Selbstmessungen (z. B. Ultraschall) durch die Schwangere bieten erweiterte Monitoring-Möglichkeiten und könnten die Versorgung von Mutter und Kind langfristig verbessern und das Gesundheitssystem entlasten. Die hohe Akzeptanz und positive Rückmeldungen unterstreichen den Wert dieser Innovationen als Ergänzung für die reguläre Schwangerschaftsvorsorge.
Verwertung
Die Versorgungssituation für Schwangere kann durch den Einsatz digitaler Anwendungen im häuslichen Bereich verbessert werden. Dies kann auch zu einem Informationsgewinn beitragen. So könnte die Anzahl der notwendigen Arzt- und Krankenhausbesuche verringert werden, was zugleich eine geringere Belastung für die Schwangeren bedeutet. Denkbar wäre die Nutzung von Smart-Home-Systemen auch für andere Erkrankungen wie z. B. Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurologische Erkrankungen, die mit der Messung vieler Vitalparameter einhergehen. Dahingehend kann das Projekt „SMART Start“ als Vorreiter gesehen werden.
Fakten zum Projekt
Projektleitung
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-
Nürnberg
Prof. Dr. Björn Eskofier
Carl-Thiersch-Straße 2b
91052 Erlangen
Projektlaufzeit
01.03.2020 bis 31.01.2024
Projektbeteiligte
- Universitätsklinikum Erlangen
Das Projekt ist Teil des Forschungsschwerpunkts „Digitale Innovationen“ für die Verbesserung der patientenzentrierten Versorgung im Gesundheitswesen.
Ansprechperson
Jacqueline Kalb
DLR Projektträger
projekttraeger-bmg(at)dlr.de
Weitere Informationen
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