Entwicklung smarter Notfall-Algorithmen durch erklärbare KI-Verfahren (ENSURE)

Ressortforschung im Handlungsfeld „Digitalisierung“, Förderschwerpunkt „Digitale Innovationen“

Rettungssanitäter in der Notaufnahme - Entwicklung smarter Notfall-Algorithmen durch erklärbare KI-Verfahren

Motivation

Notaufnahmen sind Hochrisikobereiche, in denen jederzeit mit der Versorgung kritischkranker Patientinnen und Patienten gerechnet werden muss. Das sofortige Stellen einer Diagnose sowie das Einleiten der passenden Therapie sind entscheidend für den Behandlungserfolg. Dabei ist die Qualität der Notfallversorgung insbesondere von der ärztlichen Handlungskompetenz abhängig. Intelligente Systeme, die auf Grundlage von Methoden künstlicher Intelligenz arbeiten, könnten das ärztliche Personal zukünftig unterstützen und so die Prozess- und Ergebnisqualität in der Notfallversorgung verbessern.

Ziele und Vorgehen

In dem Projekt „Entwicklung smarter Notfall-Algorithmen durch erklärbare KI-Verfahren“ (ENSURE) soll prototypisch ein innovatives System mit intelligenten Notfall-Algorithmen zur Wissens- und Handlungsunterstützung in der klinischen Notfallversorgung entwickelt werden. Sowohl evidenzbasiertes, medizinisches Wissen als auch KI-Verfahren werden integriert. Im Rahmen einer klinischen Pilotstudie soll ein Prototyp in drei Modellkliniken erprobt und die Effekte auf definierte Prozess- sowie der Qualitätsindikatoren in der Notaufnahme evaluiert werden.

Perspektiven für die Praxis

In Deutschland hat sich die präklinische und klinische Notfallversorgung in den letzten Jahren zu einem sehr anspruchsvollen beruflichen Handlungsfeld entwickelt. Die komplexe medizinische Herausforderung besteht primär in der zeitkritischen Behandlung von Patienten jeden Alters sowie verschiedenster Erkrankungen und Verletzungen mit einem Spektrum von der ambulanten Behandlung bis hin zur Schockraumversorgung von Schwerstverletzten und intensivpflichtigen Patienten und Patientinnen. Für das ärztliche Personal resultieren unter den aktuellen Rahmenbedingungen mit hohem Zeit- und Kostendruck, multiplen Schnittstellenbereichen und rasant steigenden Fallzahlen höchste Anforderungen an fachliche Qualifikation und Handlungskompetenzen. In diesem Kontext können die Ergebnisse des Projekts ENSURE zur Verbesserung der Diagnosestellung und somit der Qualität der Notfallversorgung beitragen. Neben einem regelbasierten System wird auch ein KI-basiertes System zur Erhöhung der Diagnosekorrektheit und Diagnosevollständigkeit entwickelt. ENSURE hat somit das Potential, die Notfallversorgung und KI in der Praxis nachhaltig positiv zu beeinflussen.

Ergebnisse

Eine Sammlung von über 300 Handlungsanweisungen in der Notfallmedizin wurden in das entwickelte Expertensystem eingepflegt. Parallel wurden notfallmedizinische Daten aus der Datenbank AKTIN und dem Informationssystem der Universitätsmedizin Göttingen als Grundlage für das Training unterschiedlicher Methoden des maschinellen Lernens eingesetzt. Die Lernstrategien wurden fortlaufend verbessert und die Zuverlässigkeit der verschiedenen Behandlungsansätze verglichen.

Der ENSURE-Prototyp ist so ausgelegt, dass Nutzerinnen und Nutzer zunächst beobachtete Symptome und gemessene klinische Befunde eingeben und das System dann die wahrscheinlichsten Diagnosen inklusive Handlungsanweisungen ausgibt. Hierbei wird zufällig das regelbasierte oder das Machine-Learning-System genutzt. Zudem erlaubt das System eine automatisierte Dokumentation der individuellen Behandlungsentscheidungen.

In der Studie zur Evaluation des Prototyps wurden 3.199 Notfallbehandlungen systematisch erfasst, ohne dass das neue System zum Einsatz kam. In der anschließenden Interventionsphase erfolgten 1664 Notfallbehandlungen unter Zuhilfenahme des ENSURE-Prototyps. Die diagnostische Übereinstimmung (dÜ) zwischen automatisiert erstellten Diagnosen und denen zum Entlassungszeitpunkt der Patientinnen und Patienten festgestellten Diagnosen wurde erfasst. Im Ergebnis lag die dÜ zwischen 62,5 und 95 %. Mit dem ENSURE-SYSTEM erfolgte zudem die Diagnose in vielen Fällen schneller. Die Akzeptanz des neuen Systems durch Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten war hoch.

Verwertung

Eine Zertifizierung als Medizinprodukt sowie der Einsatz des Prototypen in Aus- und Weiterbildung sind geplant. ENSURE hat somit das Potential, die Notfallversorgung und KI in der Praxis nachhaltig positiv zu beeinflussen. Die Ergebnisse des Vorhabens wurden bei wissenschaftlichen Veranstaltungen vorgestellt und in Fachjournalen veröffentlicht.

Fakten zum Projekt

Projektleitung

Universitätsmedizin Göttingen
Zentrale Notaufnahme
Prof. Dr. med. Sabine Blaschke
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen

sblasch(at)gwdg.de

Projektlaufzeit

01.10.2020 bis 31.12.2023

Das Projekt ist Teil des Förderschwerpunkts „Digitale Innovationen für eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung“.

Ansprechperson

Dr. Joachim Burbiel
DLR Projektträger
projekttraeger-bmg(at)dlr.de

Stand: 31. Dezember 2023

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