Finanzergebnisse der Krankenkassen im 1. bis 3. Quartal 2019
Jens Spahn: „Beitragsgelder sind dafür da, die Versorgung besser zu machen.“
Um ihre Rücklagen abzubauen, haben die gesetzlichen Krankenkassen in den ersten drei Quartalen 2019 rund 741 Millionen Euro mehr ausgegeben, als sie durch Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten haben. Ihre Finanzreserven beliefen sich Ende September 2019 auf rund 20,6 Milliarden Euro. Dies entspricht im Durchschnitt noch immer knapp einer Monatsausgabe und damit etwa dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Durch den Abbau von Rücklagen entsteht buchungstechnisch ein unechtes Defizit. Die Krankenkassen haben weiterhin sehr hohe Reserven. Beitragsgelder sind aber keine Sparanlagen. Krankenkassen mit besonders hohen Reserven müssen deshalb ihre Rücklagen Schritt für Schritt absenken. Dadurch profitieren auch die Beitragszahler.“
Insgesamt stiegen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,1 Prozent auf 187,9 Milliarden Euro. Die Einnahmen sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei niedrigeren Zusatzbeiträgen um 3,6 Prozent auf 187,2 Milliarden Euro gestiegen.
Zum Stichtag 1. Oktober 2019 lag der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz mit 0,99 Prozent rund 0,1 Prozentpunkte unterhalb des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes im Jahr 2018. Die Zahl der GKV-Versicherten nahm um 0,4 Prozent zu. Bei den Ausgaben spiegeln sich in den ansteigenden Veränderungsraten auch Mehrausgaben aus dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz und Terminservice- und Versorgungsgesetz wider, die Anfang bzw. im Laufe des Jahres 2019 in Kraft getreten sind.
Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten
Eine differenzierte Betrachtung nach Krankenkassenarten zeigt, dass die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) im 1. – 3. Quartal ein leichtes Defizit von rund 142 Millionen Euro, die Ersatzkassen von 402 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen (BKKen) von 146 Millionen Euro und die Innungskrankenkassen (IKKen) von 106 Millionen Euro verzeichneten.
Bei AOKen, Ersatzkassen und IKKen ist der Negativsaldo jeweils weitestgehend auf Defizite einer großen Krankenkasse mit hohen Finanzreserven zurückzuführen. Einnahmenüberschüsse gab es bei der Knappschaft mit 16 Millionen Euro und der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung mit 39 Millionen Euro.
Ergebnis des Gesundheitsfonds
Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2019 über eine Liquiditätsreserve in einer Größenordnung von rund 9,7 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete ähnlich wie im Vorjahreszeitraum einen saisonüblichen Ausgabenüberhang von rund 3,2 Milliarden Euro.
Aus dem unterjährigen Defizit des Gesundheitsfonds können keine Rückschlüsse auf eine ähnliche Entwicklung im weiteren Jahresverlauf gezogen werden. Während die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatlich gleiche Zuweisungen an die Krankenkassen fließen, unterliegen die Einnahmen unterjährig erheblichen Schwankungen. Denn die Einnahmen aus der Verbeitragung von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeldzahlungen fließen dem Gesundheitsfonds weitestgehend in der zweiten Jahreshälfte zu. Hinzu kommen weitere Zusatzeinnahmen aus den Rentensteigerungen zur Jahresmitte. Auf Basis der Annahmen des Schätzerkreises könnte die Liquiditätsreserve bis zum Jahreswechsel 2019/2020 auf ca. 10,3 Milliarden Euro ansteigen.
Durch die weiterhin günstige Entwicklung der Beitragseinnahmen des Gesundheitsfonds bei einem Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen im 1. – 3. Quartal von 4,3 Prozent hat die gesetzliche Krankenversicherung, wie die anderen Sozialversicherungszweige, von der positiven Lohn- und Beschäftigungsentwicklung profitiert.
Veränderungsraten bei den Ausgaben
Die Leistungsausgaben der Krankenkassen stiegen um 5,4 Prozent, die Verwaltungskosten um 0,5 Prozent. Bei der Interpretation der unterjährigen Daten ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen von Schätzungen und Verpflichtungsbuchungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten häufig noch nicht vorliegen.
Entwicklungen in den größeren Leistungsbereichen
Die Ausgaben für Krankenhausbehandlung sind im 1. – 3. Quartal 2019 um 3,4 Prozent und damit immer noch moderat gestiegen. Bei Erhöhungen der Landesbasisfallwerte von durchschnittlich rund 2,5 Prozent spricht vieles dafür, dass es in den Krankenhäusern auch in den Monaten Januar bis September insgesamt nur eine moderate Mengenentwicklung gegeben hat.
Die Arzneimittelausgaben stiegen um 5,6 Prozent. Hierbei spielen weiterhin die Entwicklungen im Bereich innovativer Arzneimittel eine zentrale Rolle. Die Krankenkassen wurden durch deutliche Zuwächse (+10,1 Prozent) bei Rabattvereinbarungen mit pharmazeutischen Unternehmern entlastet. Hohe Zuwachsraten von 15,5 Prozent gab es bei den Ausgaben für Schutzimpfungen.
Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung stiegen die Ausgaben um rund 4,2 Prozent. Hohe Steigerungsraten gab es dabei insbesondere durch höhere Vergütungen bei extrabudgetären psychotherapeutischen Leistungen (+8,3 Prozent), Hochschulambulanzen (+16,7 Prozent) und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (+15,8 Prozent).
Deutlich überproportional sind vor allem die Ausgaben für Heilmittel (+12,8 Prozent). Hier gab es in allen Leistungsbereichen (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen) zweistellige Zuwachsraten. Bei Heilmitteln machen sich vor allem die vom Gesetzgeber schrittweise vorgegebenen Honorarsteigerungen bemerkbar, die zu einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Heilmittelerbringer beitragen.
Die vorläufigen Finanzergebnisse des Gesamtjahres 2019 liegen Anfang März 2020, die endgültigen Mitte Juni 2020 vor.