Finanzentwicklung der GKV im 1. bis 3. Quartal 2022
Die 97 gesetzlichen Krankenkassen haben im 1. bis 3. Quartal 2022 einen Überschuss von rund 195,3 Mio. Euro verbucht. Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen Ende September 10,2 Mrd. Euro bzw. rund 0,4 Monatsausgaben und entsprachen damit dem Zweifachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.
Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 215,6 Mrd. Euro standen Ausgaben in Höhe von 215,4 Mrd. Euro gegenüber. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,3 Prozent einen Zuwachs von 4,9 Prozent. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz zum Quartalsende lag mit 1,36 Prozent leicht oberhalb des Ende Oktober 2021 für das Jahr 2022 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,3 Prozent.
Unterschiedliche Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten
Alle Kassenarten haben moderate Überschüsse erwirtschaftet. Die Überschüsse betrugen bei den Innungskrankenkassen 44,2 Mio. Euro, bei den Betriebskrankenkassen 40,7 Mio. Euro, bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse 33,9 Mio. Euro, bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen 32,7 Mio. Euro, bei den Ersatzkassen 31,3 Mio. Euro und bei der Knappschaft 12,6 Mio. Euro.
Ergebnis des Gesundheitsfonds
Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 17. Januar 2022 über eine Liquiditätsreserve von rund 7,9 Mrd. Euro verfügte, verzeichnete in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 ein Defizit von 2,1 Mrd. Euro. Dieses ist saisonüblich und lässt keinen Rückschluss auf das für das Gesamtjahr 2022 zu erwartende Ergebnis des Gesundheitsfonds zu. So fließen die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatliche Zuweisungen in konstanter Höhe an die Krankenkassen, während die Einnahmen unterjährig erheblich schwanken und insbesondere im letzten Quartal aufgrund der Verbeitragung von Jahressonderzahlungen wie beispielsweise dem Weihnachtsgeld höher ausfallen.
Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,4 Prozent.
Zur Bewältigung der Corona-Pandemie trägt der Bund weiterhin einen Großteil der Ausgaben für pandemiebedingte Zahlungsverfahren, die aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds vorfinanziert werden. Hierunter fallen insbesondere Aufwendungen für Corona-Testungen und für Impfungen gegen COVID-19 im Rahmen der Coronavirus-Impf- und Testverordnung sowie Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser. Insgesamt wurden rund 19,9 Mrd. Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt und vom Bund refinanziert.
Entwicklungen bei den Ausgaben
Die Krankenkassen verzeichneten in den ersten drei Quartalen 2022 bei einem Versichertenzuwachs von 0,3 Prozentpunkten einen absoluten Zuwachs der Leistungsausgaben und Verwaltungskosten von 4,9 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen dabei um 4,8 Prozent, die Verwaltungskosten um 9,3 Prozent. Der sehr deutliche Anstieg der Verwaltungskosten ist weiterhin maßgeblich auf die Bildung von hohen Altersrückstellungen einer einzelnen Krankenkasse im ersten Quartal zurückzuführen und dürfte sich im weiteren Jahresverlauf noch abflachen.
Überproportional stark gestiegen sind die Ausgaben im Bereich der Schutzimpfungen (17,9 Prozent), bei den Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (13,7 Prozent) sowie im Bereich der Fahrkosten (11,2 Prozent). Der Anstieg bei den Schutzimpfungen ist auf die Ausgaben für Impfstoffe und dabei vorrangig auf die Gruppe der Herpes-Zoster-Impfstoffe (Impfungen gegen Gürtelrose) zurückzuführen. Die Kosten für Corona-Impfstoffe fallen nicht darunter; diese werden vom Bund und nicht von den Krankenkassen finanziert.
Die Ausgaben für Heilmittel erleben mit 9,6 Prozent weiterhin einen Aufwuchs, der sowohl auf Vergütungsanpassungen zum Beginn dieses Jahres als auch auf die hohen unterjährigen Preisabschlüsse des Vorjahres, zurückzuführen sind. Im Bereich Krankengeld entwickeln sich die Ausgaben mit 8,5 Prozent überdurchschnittlich. Dazu trägt auch der Anstieg der krankengeldberechtigten Mitglieder bei. Die Aufwendungen für Kinderkrankengeld liegen rund 10 Mio. Euro höher als im Vorjahreszeitraum (entspricht einer Steigerung von 2,6 Prozent).
Der Anstieg der Arzneimittelausgaben lag mit 5,8 Prozent wie auch in den vergangenen Jahren über dem durchschnittlichen Anstieg der gesamten Leistungsausgaben. Ab dem Jahr 2023 greifen im Bereich der Arzneimittelausgaben die Regelungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, welche eine Verlangsamung der Ausgabendynamik in diesem Bereich bewirken.
Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind in den ersten drei Quartalen um 3,5 Prozent und damit weniger stark als der Durchschnitt der Leistungsausgaben gestiegen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gesetzliche Korrekturmaßnahmen, welche ungewollte Doppelfinanzierungen für besondere ärztliche Leistungen nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz korrigieren, im 1. Halbjahr 2022 ausgabendämpfend wirkten.
Auch die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen sind mit einem Anstieg von 3,3 Prozent weniger stark als der Durchschnitt aller Leistungsausgaben gestiegen. Dies dürfte vorrangig auf eine weiterhin stagnierende oder gar rückläufige Mengenentwicklung zurückzuführen sein. Im Jahr 2020 wurden die Pflegepersonalkosten aus den DRG-Pauschalen ausgegliedert. Diese Ausgaben wuchsen in den ersten neun Monaten um 12,4 Prozent, nachdem die Krankenkassen bereits im Jahr 2021 14 Prozent höhere Ausgaben für Pflegepersonalkosten als noch 2020 verbuchten.
Bei der Interpretation der Daten der ersten drei Quartale ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten für den betrachteten Zeitraum häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen. Auch die Aufwendungen für das Pflegebudget im Krankenhaus sind aufgrund der für einen Teil der Krankenhäuser noch nicht vorliegenden Abschlüsse der Verhandlungspartner vor Ort teilweise von Schätzungen geprägt.
Weitere Entwicklung
Für das Jahr 2022 konnte der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV durch die Zahlung eines ergänzenden Bundeszuschusses von 14 Mrd. Euro weitestgehend stabilisiert werden. Dieser Zuschuss entfällt jedoch in 2023 vollständig. Mit dem am 07. November 2022 verkündeten GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen ergriffen, um auch in 2023 eine stabile und verlässliche Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen. Die Belastungen werden auf verschiedene Schultern verteilt: Neben höheren Bundesmitteln werden Reserven des Gesundheitsfonds und der Krankenkassen herangezogen sowie Effizienzreserven insbesondere im Arzneimittelbereich gehoben, um den Anstieg der Zusatzbeiträge im kommenden Jahr zu begrenzen.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat auf Basis der Prognosen des GKV-Schätzerkreises unter Berücksichtigung der Maßnahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes zum 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz für 2023 von 1,6 Prozentpunkten für das Jahr 2023 bekanntgegeben. Dies entspricht einem Anstieg von 0,3 Prozentpunkten gegenüber dem im Vorjahr. Ohne die stabilisierenden Maßnahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes wäre dieser Anstieg und damit die Belastung der Beitragszahlerinnen und -zahler deutlich höher ausgefallen. Die ab dem Jahreswechsel erhobenen kassenindividuellen Zusatzbeitragssätze werden derzeit im Rahmen der Haushaltsplanungen der Krankenkassen festgesetzt und fortlaufend bekanntgegeben.