Mehr Qualität und weniger Bürokratie im Krankenhaus
Regierungskommission legt Empfehlungen zu Mindestvorgaben vor
Die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung hat begrüßt, dass Patientinnen und Patienten einen besseren Überblick über die Qualität der stationären Versorgung bekommen sollen. „Durch eine klare, bundeseinheitliche Zuweisung von Leistungsgruppen mit Mindestqualitätsvoraussetzungen entstehen für die vorgeschlagenen Level Versorgungsstufen, die zu mehr Qualitätstransparenz für die Bevölkerung führen“, heißt es in der siebenten Stellungnahme der Regierungskommission. Unter dem Titel „Weiterentwicklung der Qualitätssicherung, des Qualitäts- und des klinischen Risikomanagements. Mehr Qualität – weniger Bürokratie“ legt die Regierungskommission Empfehlungen vor, wie Bürokratie abgebaut und Qualität durch neue – und die Weiterentwicklung bestehender –Instrumente der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements gefördert werden soll.
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: „Die Empfehlung der Regierungskommission betont ein Kernanliegen der Bundesregierung: die Qualität der Versorgung zu verbessern. Deutschland gibt überdurchschnittlich viel Geld für Gesundheit aus, die Ergebnisse sind aber zu häufig nur Mittelmaß. Bei der Lebenserwartung fallen wir deutlich hinter vergleichbare Staaten in Westeuropa zurück. Dass bessere Qualität nicht notwendigerweise mehr Bürokratie bedeuten muss, ist ein wichtiger Ansatz, den wir im Regierungshandeln verfolgen werden.“
Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Mitglied der Regierungskommission und Vorsitzende der Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung, sowie Leiterin der Stabsstelle Qualitätsnetzwerke der Sana Kliniken AG: „Qualität fängt bereits bei der Indikationsstellung an. Hier haben wir noch wenige valide Informationen über das Versorgungsgeschehen. Wissenschaftliche Leitlinien sollten dazu routinemäßig Hinweise geben. Ihre Weiterentwicklung in diese Richtung sollte gefördert werden. Auch mit Peer Reviews – der rückschauenden, gegenseitigen Beratung unter Experten – und Indikationsboards, in denen prospektiv und interdisziplinär über geeignete Behandlungsstrategien beraten wird, könnten hier Verbesserungen erzielt werden.“
Prof. Jochen Schmitt, Mitglied der Regierungskommission und Direktor des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung am Universitätsklinikum Dresden: „Eine hohe Versorgungsqualität und Patientensicherheit sind primäre Ziele unseres Gesundheitssystems. Hier befinden wir uns aber trotz viel Bürokratie fast noch im Blindflug. Entscheidende Schlüssel für bessere Qualitätstransparenz für Bürgerinnen und Bürger bei gleichzeitig verhältnismäßigem Dokumentationsaufwand in Kliniken und Praxen sind die digitale Transformation im Gesundheitswesen und ein ermöglichender Datenschutz. Dies stärkt die Patientensicherheit und schafft ein lernendes Gesundheitssystem.“
Die Empfehlungen im Einzelnen:
- Überprüfung aller bisherigen Instrumente der Qualitätssicherung.
- Oberstes Gebot für Nachweise sollte weniger Bürokratie und Praxistauglichkeit sein.
- Wo immer möglich sollen vorhandene Daten z.B. aus Abrechnungs- oder Sozialdaten sowie Krankenhausinformationssystemen genutzt werden.
- Stabil unauffällige Einrichtungen sollten erst nach drei Jahren wieder überprüft werden.
- Qualitätsindikatoren sollten möglichst auf Empfehlungen von S3‑Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften beruhen.
- Vorhandene Zertifikate, die wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen, sollten nicht mehr finanziert bzw. von Krankenhäusern nicht erworben werden. Das IQTIG soll Kriterien für die Bewertung von Zertifikaten erarbeiten.
- Auch für nichtärztliche Behandlungsarten (Qualität der Leistungen der Pflege u.a. Gesundheitsberufe) sollen Standards entwickelt werden.
- Gesundheitseinrichtungen, die so genannte Indikationsboards etablieren, sollen dafür mit einer qualitätsabhängigen Vergütung belohnt werden.
- Berücksichtigt werden sollen nicht nur klinische Daten, sondern auch die Patientenperspektive: Daten aus Patientenbefragungen zu Outcomes (PROMs)* und Prozessen (PREMs)* sollen daher zur Qualitätsbewertung herangezogen werden, für alle Krankenhäuser verbindlich sein und Bestandteil der qualitätsabhängigen Vergütung werden.
- Die Qualitätssicherung im ambulanten und stationären Sektor sollte angeglichen werden. Auch die Vorgehensweisen in den Bundesländern sollten harmonisiert werden.
- Einführung eines (freiwilligen) Zertifikats für Krankenhäuser, die sich mit Gesundheitseinrichtungen aus der Region vernetzen und eng zusammenarbeiten.
- Weiterentwicklung des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements (QM-RL) zu einem klaren Anforderungskatalog.
- Wenn die Krankenhäuser bestimmte Instrumente der Qualitätssicherung nachweisbar erfolgreich anwenden und umsetzen, soll das Vorhaltebudget im Rahmen der qualitätsabhängigen Vergütung um insgesamt bis zu 2 % aufgestockt werden können.
Wer mit Methoden des „Shared Decision Making“ arbeitet – einer Form der Kommunikation, in der sich Arzt und Patient auf Augenhöhe begegnen und Informationen für Laien verständlich vermittelt werden – soll ebenfalls mit einer qualitätsabhängigen Vergütung belohnt werden.