Lauterbach: „Die Transparenz ist aus meiner Sicht ethisch geboten.“
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach spricht im Bundesrat zum Krankenhaustransparenzgesetz.
Klicken Sie auf den Button, um den Inhalt nachzuladen.
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Dies ist eine wichtige Debatte. Ich möchte ein paar Dinge klarstellen, auch korrigieren, die aus meiner Sicht wichtig sind, damit wir zu einer guten Entscheidung kommen.
Ich fange mal mit Ihnen an, Herr Hoff. Sie sagten, es gebe keine Verlierer und keine Gewinner bei so einer Reform. Natürlich gibt es Verlierer und Gewinner. Das sind nicht wir, sondern die Patienten. Die Patienten sind in den Reden, die wir heute gehört haben, so gut wie nicht erwähnt worden, auch in Ihrer Rede nicht. Der wichtigste Punkt ist doch: Wir wollen mit der Transparenz etwas für die Patienten erreichen, zum Beispiel für diejenigen, die im nächsten Jahr eine Krebserkrankung bekommen. 500 000 Menschen werden erstmalig mit der Diagnose Krebs konfrontiert sein. Denen wollen wir helfen, das richtige Krankenhaus zu finden. Jetzt kann man die Illusion haben: Alle deutschen Krankenhäuser sind doch gut. – Aber die Unterschiede in der Sterblichkeit betragen zum Teil 100 Prozent. Das heißt: Haus A verzeichnet im Vergleich zu Haus B eine doppelt so hohe Sterblichkeit. Die Leute wissen das nicht. Das betrifft die Menschen, die mich am Wochenende anrufen und mich fragen: Ich habe diese Diagnose. Wo kann ich hin? – Das wollen wir transparent machen. Darum geht es doch.
Da kann man natürlich wie Kollege Laumann sagen: Dann machen wir es später! Wir können doch erst das eigentliche Krankenhausgesetz machen. – Was ist dann meine Botschaft an die 1,5 Millionen Krebskranken, die bis dahin diese Informationen nicht bekommen? Was kann ich denen denn sagen? Sage ich: „Die Krankenhäuser sind im Moment in wirtschaftlicher Not, und weil die Krankenhäuser in wirtschaftlicher Not sind, können wir nicht sagen, welche Krankenhäuser Qualitätsdefizite haben, denn sie füllen sich dann vielleicht nicht mehr“? Sind es vielleicht Ihre Geschwister oder Eltern, die diese Krankenhäuser in der Übergangszeit füllen sollen? Das kann doch nicht richtig sein. Daher ist diese Transparenz aus meiner Sicht auch ethisch geboten. Und dieses ethische Gebot vertrete ich hier nicht nur als Minister, sondern auch als Arzt – ganz ehrlich! –, weil ich jede Woche mit diesen Fällen konfrontiert werde. Wir haben die Daten, aber wir nutzen sie nicht. Es geht nicht um „schlechte“ oder „gute“ Krankenhäuser, sondern es geht um die Frage: Welches Krankenhaus ist für welche Leistung gut? Das machen wir transparent. Darum geht es bei dieser Reform.
Ich will auch ganz klar sagen, dass es nicht richtig ist, zu behaupten, dass im System zu wenig Geld vorhanden ist. Kein Gesundheitssystem in Europa gibt pro Kopf für Krankenhäuser so viel Geld aus wie Deutschland. Wir liegen an der Spitze. Wir geben darüber hinaus 6 Milliarden Euro für die Energiehilfen aus. Im ersten Halbjahr 2023 sind die Ausgaben im Krankenhaussektor um 7 Prozent gestiegen, bei den niedergelassenen Ärzten nur um 1,8 Prozent. 420 Millionen Euro hat der Bund zusätzlich für Kinderheilkunde und Gynäkologie gegeben. Zusätzlich! Jetzt kündigen wir an: Wir werden den Landesbasisfallwert so umändern, dass auch die Personalkosten komplett berücksichtigt werden. Und wir kündigen an: Es wird einen Transformationsfonds geben. Trotzdem diese großen Defizite! Wie kann das denn sein? Wir geben so viel Geld aus, wie kann es sein, dass trotzdem diese Defizite bestehen? Ist das demnächst besser, wenn der Landesbasisfallwert etwas anders ausgeglichen wird? Nein! Der Hintergrund ist ein anderer: 30 Prozent der Betten stehen leer. Dazu kommt: Wir machen mehr Behandlungen, die ambulant gemacht werden könnten, stationär als jedes andere europäische Land. Würden wir tatsächlich, medizinisch indiziert, das ambulant machen, was man ambulant machen sollte, stünde die Hälfte der Krankenhausbetten leer. Das ist die Situation. Daher brauchen wir eine Strukturreform.
An dieser Strukturreform arbeiten wir gemeinsam. Wir haben Eckpunkte beschlossen. In diesen Eckpunkten ist die Art und Weise, wie wir das Transparenzgesetz gestalten wollen, genau so angelegt, wie ich es heute vortrage. Bis auf zwei Länder haben alle den Eckpunkten zugestimmt. Jetzt heißt es: Wir rufen den Vermittlungsausschuss an. – Ich glaube, es ist fair, wenn man ehrlich miteinander umgeht. Ich bin immer klar darin gewesen, dass mir die Transparenz zugunsten von Schwerstkranken, die nicht wissen, welche Klinik für sie die beste ist, ein wichtiges Anliegen ist. Ich bin auch immer klar darin gewesen, dass wir das vorziehen wollen. Ich bitte im Sinne einer weiteren guten Befassung mit dieser Reform, das Vertrauen nicht abzubauen, indem man den Eckpunkten zustimmt – bis auf zwei Länder; ein Land hat sich enthalten, eines dagegen gestimmt – und dann die Reform blockiert, indem man den Vermittlungsausschuss anruft, weil man glaubt, das Gesetz dort, möglicherweise zum Teil mit fachfremden Argumenten, noch stoppen zu können. Daher bitte ich um Ihre Zustimmung.