Lauterbach: Wir brauchen bessere Qualität und mehr Spezialisierung

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hat sich den Fragen der Parlamentarier im Bundestag gestellt.

16. Oktober 2024

Hier können Sie sich die gesamte Regierungsbefragung von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach noch einmal anschauen:

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Statement

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie auch mich mit einem Dank beginnen. Mein Dank gilt all jenen, die jeden Tag als Ärztinnen und Ärzte, als Pflegekräfte, als Assistenzkräfte in unserem Gesundheitssystem dafür sorgen, dass es funktioniert, dass wir jeden Tag Leben retten können, dass wir jeden Tag Gesundheit erhalten können. Mein Dank gilt insbesondere auch denjenigen mit einem Migrationshintergrund, die dies tun. Wir brauchen Sie; wir brauchen Ihre Arbeit. Wir sind stolz auf Sie. So sieht das der überwiegende Teil unserer Bevölkerung. Und lassen Sie sich bitte nicht verunsichern von Parteien, die versuchen, Ihre Arbeit geringzuschätzen und Sie zu verunglimpfen! Sie stehen an unserer Seite. Ohne Sie könnten wir das nicht schaffen. Ich danke Ihnen!

Der Schätzerkreis im Gesundheitssystem ist heute zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beitragssatz im nächsten Jahr um 0,8 Beitragssatzpunkte steigen muss. Das ist eine historische Steigerung. Das bedeutet eine Steigerung um 0,4 Beitragssatzpunkte für die Arbeitnehmer. Woran liegt das? Zum einen haben wir zu kämpfen mit Inflation und mit höheren Löhnen. Zum Teil sind die höheren Löhne auch berechtigt, und das ist richtig. Aber wir müssen uns auch ehrlich machen: Unser Gesundheitssystem ist das teuerste Gesundheitssystem in Europa und kann ausweislich seiner Qualität nicht überzeugen. Wir sind in der Qualität Mittelmaß. Wir haben in den letzten Jahrzehnten Strukturreformen versäumt, und das ist auch ein Versäumnis meiner eigenen Partei gewesen. Das ist keine parteipolitische Position, die ich hier beziehe. Aber wir müssen jetzt zusammenhalten. Wir müssen die wesentlichen Reformen machen.

Unsere Krankenhäuser haben im letzten Jahr 7 Milliarden Euro mehr bekommen, und trotzdem machen die meisten Krankenhäuser Defizite. 30 Prozent der Betten stehen leer. Das ist eine ineffiziente Struktur. Wir brauchen bessere Qualität, mehr Spezialisierung. Wir brauchen auch einen Abbau von Überkapazität. Wir müssen aber auch die kleinen Häuser auf dem Land so erhalten, dass dort überall die Daseinsfürsorge gewährleistet ist. Diese große Reform werden wir morgen im Deutschen Bundestag beschließen. Darauf können wir stolz sein. Das ist ein wichtiger Schritt.

Wir haben seit 20 Jahren die Digitalisierung in unserem Gesundheitssystem nicht erreichen können. Die elektronische Patientenakte, die eigentlich die Voraussetzung für eine gute Qualität ist, haben wir nicht einführen können. 20 Jahre lang haben wir Milliarden Euro ausgegeben, aber die elektronische Patientenakte ist nicht da. Oft kommen die Befunde mit wochenlanger Verzögerung aus den Kliniken in die Praxen. In den Praxen wird oft noch mit Faxgeräten gearbeitet. Die Befunde sind nicht da; es kommt zu Doppeluntersuchungen.

Wir verlieren hier Qualität, und das geht einher mit einer ermüdenden Bürokratie. Im Januar werden die Digital-Gesetze dazu führen, dass die elektronische Patientenakte erstmalig kommt. Das elektronische Rezept und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sind schon eingeführt. Wir werden im Rahmen der Digitalisierung auch Forschung mit moderner künstlicher Intelligenz ermöglichen, sodass wir hier endlich Anschluss finden an die Spitzennationen.

In den Hausarztpraxen brauchen wir eine Entbudgetierung. Wir brauchen auch eine Entbürokratisierung. Die Hausarztpraxen sind voll von Patienten, die dort eigentlich gar nicht sitzen müssten, weil unser kompliziertes Honorarsystem bis zu acht Arztbesuche in einem Jahr für einen älteren Menschen notwendig macht, damit der Hausarzt sein volles Honorar bekommt. Dazu kommt der ermüdende Arzneimittelregress - bürokratisch und ohne Funktion. Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz wird die Hausarztpraxen attraktiver machen, entbürokratisieren und auch zahlreiche überflüssige Besuche unnötig machen.

Wir brauchen endlich eine neue, wirklich durchschlagende Initiative bei der Vorbeugemedizin. In Deutschland sterben weit mehr Menschen an Herzinfarkten und Schlaganfällen, als das eigentlich notwendig wäre. In den skandinavischen Ländern ist es gelungen, die Zahl der Schlaganfälle und Herzinfarkte um ein Drittel zu reduzieren. Wir haben das nicht reproduzieren können. Daher sind das Gesundes-Herz-Gesetz und die Errichtung des neuen Instituts für Vorbeugemedizin überfällig. Das wird die Kosten reduzieren.

Gestatten Sie mir eine abschließende Bemerkung. Ohne diese wichtigen Strukturreformen, die ich gerne auch mit der Opposition beschließen würde, würden die Beitragssätze immer weiter steigen, und schlimmer noch: Es gäbe zahlreiche vermeidbare Todesfälle bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen und den Krebserkrankungen. Somit sind wir jetzt auf dem Höhepunkt unserer Reformen. Ich lade alle ein, an diesen wichtigen Reformen mitzuarbeiten.

Ich danke Ihnen.

Fragen und Antworten zu den Themen

Lieferengpässe bei Arzneimitteln

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP): Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Frage richtet sich an den Bundesgesundheitsminister Herrn Dr. Lauterbauch und betrifft die Arzneimittellieferengpässe. Herr Minister, in den letzten zwei Jahren gab es ja zum Teil weitreichende Lieferengpässe, speziell bei Kinderfiebersäften, aber auch bei Antibiotika. Wo stehen wir in diesem Jahr im Hinblick auf Lieferengpässe, und welche Maßnahmen sind ergriffen worden, um die Lage zu entschärfen? - Vielen Dank.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, in der Tat, Lieferengpässe begleiten uns seit Jahren; ich komme gleich zur Ursache. Aber zunächst einmal: Bei Kindern und Jugendlichen ist es uns gelungen, die Vorhaltung von Fiebersäften und auch von Antibiotika deutlich zu verbessern. Wir rechnen da in diesem Winter nicht mit Lieferengpässen größeren Ausmaßes. Lieferengpässe gehen darauf zurück, dass wir in der Vergangenheit Verträge geschlossen haben, die sehr nachteilig für die Patienten gewesen sind. Der Gegenstand der Verträge war: Der billigste Anbieter bekam automatisch den Zuschlag, und er musste genau null Tage Lagerhaltung nachweisen, sodass wir beim geringsten Lieferengpass keine Ware mehr hatten. Das waren keine klugen Verträge. Jetzt haben wir das System umgestellt, sodass jeder, der den Vertrag bekommt, für sechs Monate Lagerhaltung nachweisen muss. Der typische Lieferengpass läuft über zwei oder drei Monate. Der würde uns dann gar nicht mehr berühren; denn die Lagerhaltung ist ja dann da. Es war ein Fehler, dass wir in der Vergangenheit Lieferverträge ohne Lagerhaltung akzeptiert haben.

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP): Meine Nachfrage betrifft die Lieferengpässe bei den Kochsalzlösungen. Wir haben ja in den letzten Wochen und Monaten gehört, dass möglicherweise OPs verschoben werden müssen. Konnte das auch verhindert werden, oder wie sieht es in Zukunft mit diesen Lieferengpässen aus? - Vielen Dank.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:  Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Der Lieferengpass bei Kochsalzlösungen - das sind wichtige Lösungen für Operationen - geht im Wesentlichen darauf zurück, dass in den Vereinigten Staaten ein großes Werk durch den Hurrikan Helene zerstört worden ist. Das hat dazu geführt, dass der Markt sich verengt hat. Auch hier waren wir direkt betroffen. Wir konnten aber durch Gespräche mit den entsprechenden Anbietern - insbesondere Fresenius, aber auch mit der Unternehmung B. Braun Melsungen - die Versorgung in Deutschland sicherstellen, und das ist auch über die nächsten Wochen so zu erwarten.

Krankenhausreform

Dr. Christos Pantazis (SPD): Meine Frage richtet sich an den Bundesminister für Gesundheit. Herr Minister Lauterbach, Sie haben vorhin im Eingangsstatement die größte Krankenhausreform der letzten 20 Jahre angesprochen, die wir heute im Ausschuss abschließend beraten haben und morgen hier im Plenum dann in der zweiten und dritten Lesung abschließen. Allerdings steht auch noch die abschließende Beratung im Bundesrat aus, der, obwohl das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, natürlich auch den Vermittlungsausschuss anrufen könnte. Meine Frage ist diesbezüglich: Was stimmt Sie optimistisch, dass das nicht der Fall sein wird?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:  Vielen Dank, Herr Abgeordneter, für diese Frage. - Zunächst einmal: Man muss ja den Hintergrund der Krankenhausreform vor Augen haben, um diese Frage beantworten zu können. Der Hintergrund der Krankenhausreform ist ja das derzeitige System der Fallpauschalen, bei dem jeder Patient einen Preis hat und bei dem daher so viele Patienten wie möglich operiert, behandelt werden, damit die Krankenhäuser auf ihr Budget kommen. Das ist kein System, was gut ist. Daher wird dieses Reformkonstrukt, mit dem wir die Fallpauschalen überwinden, von keinem Wissenschaftler und auch von keinem Bundesland abgelehnt. Dazu ist sichergestellt, dass die kleineren Krankenhäuser, die wir ja auf dem Land unbedingt benötigen, mit den neuen Pauschalen, die wir einführen - insbesondere Pauschalen für die Notfallversorgung, Intensivmedizin, Kinderheilkunde, Geburtshilfe, Traumatologie, also für Unfälle, Schlaganfälle; das wird überall benötigt -, weiter bestehen. Wir brauchen eine gute Versorgung auf dem Land und eine spezialisierte Versorgung in den Städten. Ich bin daher zuversichtlich, dass auf der Grundlage dieser sachlichen Argumente die Bundesländer die Reform positiv begleiten werden.

Dr. Christos Pantazis (SPD): Könnten Sie noch mal Ihre Meinung zur Auswirkungsanalyse kurz erläutern, die die Länder an der Stelle erwarten?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:  Die Länder haben zu Recht eine Auswirkungsanalyse verlangt. Die liegt jetzt vor. Mit dieser Auswirkungsanalyse können die Länder genau sehen, wie die Leistungsgruppen - also, das sind die Gruppen, die die Fälle zusammenführen, die man miteinander vergleichen kann, um planen zu können - in ihrem Bundesland verteilt sind, und zwar standortgenau. Das heißt, um einen Standort herum sind Pixel auf der Landkarte zu sehen, abhängig von Kilometern und Einwohnerzahl. So können Sie genau sehen, in welchem Bereich um das Krankenhaus herum zum Beispiel bei einer Herzrhythmusstörung eine Verödung des Herzmuskelgewebes versorgt ist. Sie können dann auch unterschiedliche Reformmöglichkeiten sehen. Somit ist die Auswirkungsanalyse ein Instrument, mit dem die Krankenhausplanung auf eine ganz neue Ebene geführt werden kann.

Long Covid

Kay-Uwe Ziegler (AfD): Meine Frage geht an unseren Bundesgesundheitsminister. Ich beziehe mich auf einen Runden Tisch, den Sie irgendwann Mitte September durchgeführt haben. Dazu gab es einen Bericht in „ZDFheute“. Es ging darin um die Versorgung der Patienten mit symptomlindernden Medikamenten, die zu diesem Zeitpunkt nur bei bestätigter Long-Covid-Erkrankung übernommen worden sind; sie hätten also einen Test haben müssen. Da wurde auch darüber diskutiert, dass die Krankenkassen die Kosten auch bei ME/CFS oder einer eventuell durch die Covidimpfung ausgelösten Erkrankung übernehmen sollten. Ich zitiere jetzt mal, was Sie zu diesem Thema gesagt haben: „Diese Medikamente werden bei Long-Covid-Symptomen - egal, ob das jetzt durch die Impfung gekommen ist oder durch die Erkrankung - von den Krankenkassen erstattet.“ Das hat mich schon ziemlich irritiert. Sie werben ja bis zum heutigen Tag damit, dass die Coronaimpfung auch gegen Long Covid schützen würde. Ich habe erst heute wieder ein Foto von Ihnen in den sozialen Medien gesehen, wo Sie darauf hinweisen. Wie ist es denn nun? Sind die Impfungen nun definitiv nicht an Long Covid beteiligt, oder wie sehen Sie das? Ich würde das gerne von Ihnen aufgeklärt haben. - Vielen Dank.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das ist, ehrlich gesagt, eine gute Frage, die sich wie folgt beantworten lässt: Wir wissen, dass wiederholte Covid-Infektionen das Risiko, Long Covid zu entwickeln, deutlich erhöhen. Daher ist es leider so, dass man nicht wie bei einer Erkältung - jedes Jahr eine Erkältung, und es ist immer wieder das Gleiche - bei Long Covid sagen kann: Jedes Jahr eine Covid-Infektion, und ich habe kein Risiko, Long Covid zu bekommen. - Wiederholte Infektionen sind leider - ich wünschte, es wäre anders - ein Risiko, Long Covid zu entwickeln. Die schweren Verläufe stellen das größte Risiko dar. Die Impfung schützt vor schweren Verläufen. Somit schützt die Impfung vor Long Covid, weil die Impfung vor schweren Verläufen schützt. Trotzdem ist es in seltenen Fällen so, dass auch die Impfung zu Long Covid führen kann. Das ist nie bestritten worden. Aber Sie müssen wie bei jedem Medikament die Wirkung und die Nebenwirkungen beachten. Somit schützt in der Summe die Impfung mehr vor Long Covid, als sie durch eine seltene Nebenwirkung tatsächlich dazu beitragen kann.

Kay-Uwe Ziegler (AfD): Herr Gesundheitsminister, das ist eine sehr gute Antwort, um Ihnen auch mal entsprechend zu retournieren. Wir wissen und Sie wissen, dass es keine Differenzialdiagnostik zum Thema „Long Covid und Impfschäden“ gibt. Nach mehreren Nachfragen im Bundesgesundheitsausschuss ist von Ihnen gesagt worden: Es gibt keine Forschung dazu. Es gibt auch kein Interesse an einer Differenzialdiagnostik, weil wir nur symptomatisch würden behandeln wollen. - Jetzt frage ich Sie: Woraus beziehen Sie Ihr Wissen, dass die Patienten, die jetzt vermeintlich wegen Long Covid behandelt werden, nicht in Wirklichkeit Impfschäden haben? Das können Sie nämlich nicht nachweisen.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Das ist eine wissenschaftliche Frage, die sich wie folgt beantworten lässt: Wenn jemand Long Covid hat, dann kann man nicht sagen: „Das ist ein Long Covid, welches durch eine Impfung oder durch eine Covid-Erkrankung entstanden ist“, weil der Verlauf von Long Covid tatsächlich ähnlich ist, obwohl bei Impfungen Long Covid in der Regel weniger stark verläuft. Aber natürlich ist es so: Wenn jemand eine schwere Covid-Infektion gehabt hat und in den Wochen und Monaten danach eine Long-Covid-Erkrankung entwickelt, dann liegt der Zusammenhang auf der Hand. So gehen die wissenschaftlichen Studien vor: Die wissenschaftlichen Studien schreiben bei den Patientinnen und Patienten, die nach einer schweren Infektion Long Covid entwickeln, dieses Long Covid der Erkrankung zu. Alles andere wäre auch absolut nicht plausibel und nicht im Einklang mit den Standards der Wissenschaft.

Dr. Christina Baum (AfD): Herr Lauterbach, die Frage geht an Sie. - Durch die Veröffentlichung der entschwärzten RKI-Protokolle wissen wir jetzt, dass das Bundesgesundheitsministerium unter Herrn Spahn, aber auch unter Ihnen politischen Einfluss auf das RKI genommen hat. Aufgrund dessen wurde zum Beispiel die Impfpflicht für die Mitarbeiter im Gesundheitssystem und auch für die Soldaten eingeführt. Jetzt sitzen immer noch Soldaten aufgrund ihrer Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, in den Gefängnissen. Deshalb frage ich Sie: Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Soldaten freikommen? Denn Sie tragen eine große Verantwortung dafür.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Ich will nur so viel antworten: Mir wäre es tatsächlich neu, dass irgendein Soldat derzeit im Gefängnis sitzt, weil er sich nicht hat impfen lassen. Das bestreite ich hier; das wirkt auch nicht wirklich plausibel.

Linda Heitmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister Lauterbach, Sie haben zu Long Covid und ME/CFS einen Runden Tisch ins Leben gerufen. Da würde mich interessieren, ob Sie uns kurz erläutern können, woran dieser Runde Tisch gerade arbeitet und welche Initiativen und Entscheidungen er kürzlich getroffen hat, die jetzt in die Umsetzung gehen.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Der Runde Tisch „Long Covid“ führt Betroffene, Wissenschaftler und diejenigen zusammen, die im Gesundheitssystem die Arbeit machen, von der Pflegekraft bis zur Ärzteschaft, alle, die mit Long Covid zu tun haben. Derzeit sind wir dabei, ein Forschungsprogramm umzusetzen, das größte in Europa, mit Mitteln von 100 Millionen Euro für Long Covid bei Erwachsenen und von 50 Millionen Euro für Long Covid bei Kindern, weil wir da derzeit noch keine Heilung haben. Es ist traurig, aber so ist es: Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine Heilung für Long Covid. Daran wird an dem Runden Tisch mit diesen Forschungsmitteln fieberhaft gearbeitet.

Martin Reichardt (AfD): Herr Minister, habe ich Sie vorhin richtig verstanden? Sie haben zunächst gesagt, dass die Impfung vor schweren Verläufen und damit auch vor Long Covid schützt. Auf der anderen Seite gehöre aber auch ein Long-Covid-ähnlicher, ich sage mal, Symptomkatalog zu den Nebenwirkungen der Impfung. Ist das richtig? Das heißt also, die Impfung schützt einerseits vor Long Covid, bringt aber in ihren Nebenwirkungen auch so etwas wie Long Covid hervor?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Impfung typischerweise vor schweren Verläufen schützt, dass schwere Verläufe der häufige Hintergrund einer Long-Covid-Erkrankung sind und dass im seltenen Fall auch die Impfung zu Long Covid führen kann. Somit haben wir hier ein kleines impfbedingtes Risiko, welches man auch nicht verschweigen darf, und auf der anderen Seite einen großen Schutz, weil diese schweren Verläufe der wichtigste Weg in Richtung einer Long-Covid-Erkrankung sind. Der Nutzen der Impfung zum Schutz vor Long Covid dominiert klar die seltene Nebenwirkung.

Simone Borchardt (CDU/CSU): Mir geht es darum: Sie sprechen immer von Long Covid. Wir haben aber auch die Themen ME/CFS und Post-Vac. Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren: Welche Forschungsmittel sind dafür im Haushalt eingestellt, oder fällt das hintenüber? Das kommt mir einfach zu kurz. Gleichzeitig möchte ich Sie zum Medikament BC 007 um etwas bitten: Inwieweit besteht die Möglichkeit, dass man die Zulassungsprozesse da beschleunigen kann? Bei Corona ging es bei einigen Medikamenten ja ganz schnell, indem Zulassungen beschleunigt wurden. Hiermit könnte man betroffenen Menschen relativ schnell helfen.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Der Haushalt hat insgesamt 80 Millionen Euro für die Long-Covid-Forschung bei Erwachsenen und 50 Millionen Euro für die bei Kindern zur Verfügung gestellt. Dazu kommen 20 Millionen Euro vom Gemeinsamen Bundesausschuss für die Erforschung bei Erwachsenen. Ein großer Teil dieser Mittel wird für die ME/CFS-Forschung auch eingesetzt. Das betrifft die Long-Covid-Patienten, die am stärksten betroffen sind, übrigens insbesondere die von bestürzenden Schicksalen betroffenen Kinder. Zu der Studie zu BC 007. Das ist schlicht und ergreifend ein Medikament, in das wir viele Hoffnungen setzen; aber die Studie muss erst einmal ausgewertet vorliegen. Wenn das der Fall ist, dann wird es auch eine entsprechende Zulassungsentscheidung geben.

Sepp Müller (CDU/CSU): Herr Bundesgesundheitsminister, damit Long Covid nicht entsteht, müssen wir Covid-Erkrankungen verhindern. Eine gute Präventionsmaßnahme ist ein Abwassermonitoring, um zu sehen, ob in manchen Bereichen in Städten Abwasser eine hohe Virenlast aufweist. Sie stellen in Ihrem Haushaltsentwurf für 2025 dafür sage und schreibe null Euro zur Verfügung. Dieser Ansatz wird durch Sie persönlich gestrichen. Ich frage Sie: Wie wollen wir zukünftig Long Covid verhindern, wenn wir keine Abwassermonitoringmittel mehr für Städte, Kommunen und Abwasserzweckverbände haben?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank für diese Frage. - Das Abwassermonitoring findet statt, weil die Kommunen dieses selbst eingeführt haben. Es ist richtig, dass Abwassermonitoring stattfinden muss. Aber nicht für jede sinnvolle Ausgabe zur Vermeidung von Corona-Infektionen oder Long Covid ist der Bund zuständig. Weil das Abwassermonitoring in der hohen Qualität jetzt flächendeckend auf der Grundlage der Investitionen und der weiteren Ausgaben der Kommunen stattfindet, haben wir diese besonderen Mittel nicht mehr benötigt; aber wir haben sie vorher gut eingesetzt.

Gesundheitssicherstellungsgesetz

Dr. Janosch Dahmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister, diese Woche hat die öffentliche Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Nachrichtendienste stattgefunden. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes hat in dieser Sitzung gesagt: Der Kreml sieht die Bundesrepublik Deutschland als Gegner. - Und weiter: Die Feinderklärung hat Putin längst gegenüber uns vorgenommen. - Müssen wir uns angesichts solcher Warnungen mit Blick auf das Gesundheitswesen auch rüsten und mit einem Gesundheitssicherstellungsgesetz Vorsorge treffen? Und was machen die Vorbereitungen zu einem solchen Gesetz?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich habe ja in meinem Eingangsstatement ohne jede Parteikritik oder Parteipolitik darauf hingewiesen, dass viele Strukturreformen liegen geblieben sind. Dazu zählt auch ein Gesundheitssicherstellungsgesetz, an dem wir derzeit im Hintergrund arbeiten. Wir sind auf den Katastrophenfall, aber auch auf den Bündnisfall nicht ausreichend vorbereitet. Dazu zählen zum Beispiel die Koordination von Aufgaben, die Vorhaltung von bestimmten Kapazitäten, Antidoten für bestimmte Krebsmittel, die Verteilung von Patienten im Ernstfall, Bereitschaften von Zivilen, also Kräften in der Ärzteschaft, für den Bündnisfall oder den Verteidigungsfall. Vieles muss getan werden. Wir arbeiten daran, und Sie können davon ausgehen, dass wir in den nächsten Wochen die Arbeit zu Ende bringen werden und dem Deutschen Bundestag dann ein entsprechendes Gesetz zur Beratung vorlegen werden.

Dr. Janosch Dahmen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zu den notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen, die jetzt getroffen werden, gehört ja auch die Notfallreform, die wir vergangene Woche hier im Parlament beraten haben. Was würden Sie dem Parlament für die laufenden Beratungen mit auf den Weg geben, um dieses Gesetz in diesem Sinne auch gut auf den Weg zu bringen?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank. – Die Notfallreform ist eine sehr wichtige Reform, die ebenfalls mehrfach schon versucht wurde. In den letzten zehn Jahren hat es mehrere Anläufe für eine solche Notfallreform gegeben. Die Notfallreform muss schnell und ohne Abstriche beschlossen werden. Denn wir haben die Situation, dass derzeit in den Notfallzentren Patienten behandelt werden, die dort eigentlich gar nicht hingehören, aber Patienten, die sehr umfänglich versorgt werden müssen, die in größter Not sind, nicht so schnell und manchmal auch nicht an der optimalen Stelle versorgt werden. Somit verlieren wir zum jetzigen Zeitpunkt ohne jede Not Menschenleben, und das ist aus meiner Sicht, ehrlich gesagt, ein Versagen der Politik in den letzten zehn Jahren gewesen. Ohne Parteipolitik: Die Notfallreform muss jetzt dringend kommen.

Kathrin Vogler (DIE LINKE): Herr Minister, im Haushaltsausschuss hat Ihr Ministerium uns Abgeordneten zum Thema „Nationale Reserve Gesundheitsschutz“ gesagt, wie wichtig Sie persönlich die Umsetzung einer Bevorratung im Rahmen des Katastrophenschutzes für Gesundheitskrisen finden. Auch aufgrund der notwendigen Einsparungen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung wurden aber keine Mittel für die NRGS, also für die Nationale Reserve Gesundheitsschutz, veranschlagt. Wann können wir damit rechnen, dass es Ihnen in dieser Regierung gelingt, auch Mittel für diese wichtige Bevorratung mit Schutzmaterialien und Medikamenten für Gesundheitskrisen durchzusetzen?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank für die Frage. - Zunächst einmal, was die Bevorratung angeht: Wir sind auf zukünftige Pandemien deutlich besser vorbereitet. Wir haben Pandemiebereitschaftsverträge, wir haben Impfverträge, wir haben Verträge, durch die Arzneimittel relativ schnell für uns produziert werden können, und zahlreiche andere Maßnahmen sind entsprechend vorbereitet und getroffen worden. Worüber wir derzeit mit den Ländern noch im Kontakt sind, ist tatsächlich die Zuständigkeit für die Bevorratung von bestimmten Schutzmitteln. Der Bund hat umfängliche Schutzmittel derzeit im Angebot. Wir haben, wie auch der Laienpresse zu entnehmen ist, noch einen großen Vorrat an Masken - um nur ein einziges Beispiel zu nennen -, zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht mehr, als wir je brauchen könnten. Trotzdem ist die gemeinsame Bevorratung durch Bund und Länder wichtig und in Arbeit.

Tino Sorge (CDU/CSU): Herr Bundesgesundheitsminister, ich frage deshalb nach, weil Sie gerade eben auf die Frage des Kollegen Dahmen zum Arbeitsstand beim Gesundheitssicherstellungsgesetz gesagt haben, es würde zeitnah ein Entwurf vorgelegt. Wir hören jetzt seit drei Jahren, dass wichtige Reformen im Bereich der Pflegeversicherung, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, im Bereich der Rente versprochen und angekündigt werden, und es passiert nichts. Deshalb will ich nur noch mal darauf hinweisen: Sie haben bereits am 11. März dieses Jahres in der Presse darauf hingewiesen bzw. gesagt, es würde zeitnah ein Gesundheitssicherstellungsgesetz kommen. Können Sie mal bitte konkret sagen, wann das jetzt kommt? Das ist ja immerhin schon sieben Monate her.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sorge. - Zunächst einmal: Ich selbst habe vermieden, jede Parteipolitik in meine Vorträge zu bringen; wir haben ja miteinander regiert. Aber ich muss darauf hinweisen: Wir haben derzeit sieben Gesetze im parlamentarischen Verfahren, darunter die große Krankenhausreform. Wir werden morgen das sogenannte gematik-Gesetz, das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz, besprechen. Derzeit ist ein Gesetz zur Organspende in der parlamentarischen Beratung. Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz ist in der parlamentarischen Beratung. Die Notfallreform ist in der parlamentarischen Beratung. Wir haben schon 15 Gesetze beschlossen. Mich verwundert, wenn ich ganz ehrlich sein darf, Ihr Drängen; denn Sie hatten jahrelang Zeit, diese Gesetze selbst zu machen. Wir bringen jetzt ein Gesetz nach dem anderen, im Monatsrhythmus. Mein Haus arbeitet unter Volllast, und das muss hier auch mal gewürdigt werden.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister, Ursprung der Frage war ja die russische Aggression und die Resilienz unseres Gesundheitswesens. Seit Kriegsbeginn hat Russland über 80 Prozent der ukrainischen Infrastruktur zerstört oder okkupiert, und gerade in den letzten Wochen gab es viele gezielte Angriffe, unter anderem auf Kraftwerke. Mit Blick auf den kalten und harten Winter, den wir befürchten müssen, ist es wahrscheinlich, dass es zu einer großen Zahl Erkrankter und Verletzter und einer erneuten Fluchtbewegung kommen wird. Ich mache mir Sorgen und möchte wissen: Wie gut ist unser Gesundheitssystem besonders im Bereich der psychischen Versorgung darauf vorbereitet, und welche konkreten Hilfen stellt das BMG dem ukrainischen Gesundheitssystem zur Verfügung?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank für die Frage. - Ich will erst einmal darauf hinweisen, dass Deutschland von den schwerstverletzten Soldaten und Zivilisten, die in der Ukraine nicht mehr versorgt werden können, 75 Prozent versorgt. Wir sind der mit großem Abstand wichtigste Versorger. Wir verteilen diese Patienten in ganz Deutschland, und sie werden in den Spitzenkliniken versorgt, so wie auch unsere Bürger. Das ist eine Leistung, für die ich all denjenigen, die daran teilhaben, an dieser Stelle ganz herzlich danken möchte. Es ist auch so, dass wir die psychischen Belange von Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, ernst nehmen. Durch die Einbeziehung der ukrainischen Flüchtlinge in den Rechtskreis unserer Sozialversicherung steht tatsächlich das gesamte System der Versorgung psychisch Kranker, welches unseren Bürgern zur Verfügung steht, auch den Flüchtlingen zur Verfügung. Wir verbessern derzeit tatsächlich noch die Versorgung psychisch Kranker, indem wir Sonderbedarfe für besonders Betroffene im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz noch einmal ausbauen. Aber jeder ukrainische Flüchtling mit psychischen Krankheiten, der hierherkommt, wird nicht schlechter versorgt als unsere Bundesbürger.

Heike Baehrens (SPD): Ich möchte anknüpfen an die zweite Frage, die Janosch Dahmen gestellt hatte, zum Thema Notfallrettung. Alle Experten sind sich einig, dass zum Gelingen der Notfallreform zwingend notwendig ist, dass es auch eine Rettungsdienstreform gibt. Herr Minister Lauterbach, bisher ist das im Gesetzentwurf noch nicht enthalten. Ich weiß aber, dass auch Ihnen das ein wichtiges Anliegen ist. Was kann getan werden, damit wirklich beide Maßnahmen kommen können?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Unser größtes Problem im Rettungswesen ist, dass derzeit Teile der Rettung, zum Beispiel das Vorhalten von hochqualifizierten Leitstellen, die telemedizinische Versorgung oder auch die Vor-Ort-Versorgung von Patienten, die somit gar nicht erst in die Krankenhäuser gebracht werden müssen, nicht richtig abgebildet sind. Daher überarbeiten wir das Sozialgesetzbuch V dahin gehend, dass diese wichtigen Rettungsmaßnahmen ebenfalls erstattungsfähig sind und eine gute Qualität haben, sodass die Rettung entfesselt werden kann. Wir haben ein gut funktionierendes Rettungssystem, aber moderne Leistungen sind bis zum jetzigen Zeitpunkt zum Teil von der Erstattung ausgeschlossen. Das wollen wir durch Änderungsanträge im Rahmen der Reform der Notfallversorgung beseitigen.

Strukturelle Reform der gesetzlichen Krankenversicherung

Tino Sorge (CDU/CSU): Meine Frage richtet sich an den Bundesgesundheitsminister, an Herrn Lauterbach. Es geht darum: Der Schätzerkreis hat ja heute seine Prognose zum Zusatzbeitrag im nächsten Jahr vorgestellt. Er soll um 0,8 Prozent steigen; jetzt beträgt er bereits 1,7 Prozent. Wir werden also nächstes Jahr historisch hohe Beitragssatzerhöhungen erleben. Nun haben Sie auch heute wieder mehrfach Reformen angekündigt. Wir brauchen strukturelle Reformen, damit diese Beitragssatzerhöhungen nicht ständig eintreten. Auf die Reformen im Pflegebereich und im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung warten wir seit drei Jahren. Ich weiß, Sie werden sicherlich gleich wieder sagen: Sie überlegen und Sie müssten Dinge machen, die in den letzten Jahren - auch unter Ihrer Mitverantwortung - liegen geblieben sind. Deshalb würde mich ganz konkret interessieren: Wann kommt die strukturelle Reform für die gesetzliche Krankenversicherung? Insbesondere: Setzen Sie Ihren Koalitionsvertrag um, der vorsieht, dass auch von Bürgergeldbeziehern die Abgaben ins System eingeführt werden müssen? Und glauben Sie, dass 17 Prozent Gesamtbeitrag zur GKV zukünftig funktionieren?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Vielen Dank. - Ich will darauf hinweisen, dass wir zahlreiche Reformen schon umgesetzt haben. Wir haben das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz beschlossen. Wir haben mehrere Pflegegesetze beschlossen. Aber Sie haben recht: Große Reformen brauchen eine gewisse Vorbereitungszeit. Wir haben mehr als zweieinhalb Jahre an der Krankenhausreform gearbeitet. Sie kommt; morgen wird sie im Deutschen Bundestag beschlossen. Wir bringen das dritte Gesetz in dieser Reihe, das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz morgen ein. Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz befindet sich jetzt schon in den parlamentarischen Beratungen. Das Notfallreformgesetz ist angesprochen worden. Die Kollegin Baehrens hat die Ergänzungen in Bezug auf den Rettungsdienst gerade angesprochen. Das Gesundes-Herz-Gesetz ist ebenfalls im parlamentarischen Verfahren. Eine Verbesserung im Bereich der Organtransplantationen, zum Überkreuzspenden, ist ebenfalls im parlamentarischen Verfahren. 15 Gesetze haben wir schon gemacht. Wir werden am Ende dieser Legislaturperiode weit über 30 Gesetze beschlossen haben. Das sind mehr als in vielen Legislaturperioden zuvor. Wir werden somit diese notwendige Strukturverbesserung hinbekommen. Wir sind auf dem Höhepunkt des Abschlusses dieser Reformen. Das werden wir mit den Parlamentariern in den nächsten Monaten gemeinsam schaffen.

Tino Sorge (CDU/CSU): Sehen Sie mir nach, Herr Bundesgesundheitsminister, dass wir als Union dem kaum noch glauben können. Wir hatten heute eine Ausschusssitzung, in der die Krankenhausreform quasi im Schweinsgalopp final diskutiert worden ist. Wir haben gestern über 50 Änderungsanträge bekommen. Das ist das „kooperative Verhalten“ der Bundesregierung. Deshalb würde mich wirklich interessieren, ob Sie diese Durchhalteparolen, diese Ankündigungen glauben. Und insbesondere: Was sagen Sie den Millionen Pflegebedürftigen? Was sagen Sie den Angehörigen, die seit über drei Jahren auf eine Reform der Pflegeversicherung warten und zutiefst verunsichert sind? Wann kommt diese Reform letztendlich?

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach: Also, ohne jede Schärfe: Sie spüren den Widerspruch in dem, was Sie sagen: Erst sagen Sie, wir würden nur ankündigen, dann geht es Ihnen zu schnell heute im Ausschuss. Die Arbeit ist umfänglich. Wir bringen daher ein Gesetz nach dem anderen ein - das ist gar keine Frage. Ich finde auch, dass die Beratungen im Großen und Ganzen gut laufen. Dass eine große Pflegereform notwendig ist, ist klar. Dazu ist der Entwurf ebenfalls in der Endabstimmung. Wir haben schon mehrere Pflegegesetze gemacht. Erlauben Sie mir nur ein einziges Beispiel: Wir haben durch unser Pflegestudiumstärkungsgesetz und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Zahl der Menschen mit einem Abschluss in der Pflege in einem Jahr im Anerkennungsverfahren um 50 Prozent erhöhen können. 50 Prozent - das war eine große Leistung.

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