Warken: „Eine gute, bedarfsgerechte und bezahlbare Gesundheitsversorgung für alle sichern“
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hat ihr Regierungsprogramm im Bundestag vorgestellt. Sie betonte die Notwendigkeit, ein modernes und leistungsfähiges Gesundheitssystem zu schaffen, das den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Warken unterstrich dabei den Anspruch auf gute Arbeitsbedingungen für Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen: „Weniger Zeit für Bürokratie, mehr Zeit für die Behandlung von Patienten“. Sie kündigte zudem an, die Krankenhausreform und die Digitalisierung voranzutreiben, sowie die Kosten der Gesundheitsversorgung langfristig zu stabilisieren.
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Bundesgesundheitsministerin Nina Warken:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Gesundheit und Pflege gehen uns alle an. Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitssystems als Ganzes zu stärken und dabei auch immer den einzelnen Menschen im Mittelpunkt zu sehen, das ist und bleibt Ziel dieser Koalition, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Denn die Menschen sind existenziell betroffen, wenn die Wege zum nächstgelegenen Krankenhaus mit Geburtsstation oder zur Apotheke länger werden oder wenn sich kein ambulanter Pflegedienst für die pflegebedürftigen Eltern finden lässt oder das benötigte Arzneimittel nicht verfügbar ist. Das alles sind Missstände, die wir verhindern wollen - jetzt und in Zukunft.
Denn Verantwortung für Deutschland heißt immer auch Verantwortung dafür, eine gute bedarfsgerechte und bezahlbare Gesundheitsversorgung für die Menschen im ganzen Land zu sichern, meine Damen und Herren. Gesundheit und Wohlergehen sind unser wichtigstes Gut, und dazu brauchen wir Bedingungen, die Gesundheit fördern und erhalten. Und genau darum geht es jetzt.
Wir werden dafür ab sofort und in den nächsten Jahren die Grundlagen schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen es alle: Die Herausforderungen in Gesundheit und Pflege sind gewaltig. Sie sind damit symptomatisch für so viele Bereiche bei uns im Land, Bereiche, in denen es jetzt nicht einfach so weitergehen kann. Und dort werden wir nun anpacken. Wir haben es hier mit ineffizienten Strukturen, mit fehlender Nachhaltigkeit bei der Finanzierung, mit Fachkräftemangel, mit unzureichender Digitalisierung, mit einem Übermaß an Bürokratie zu tun. Viele dieser Herausforderungen kennen wir auch aus anderen Sektoren. Aber es ist doch etwas anderes. Schwächen in der Gesundheitsversorgung vom ambulanten und stationären Sektor bis hin zum öffentlichen Gesundheitsdienst oder Schwächen in der Pflege haben eine besondere Tragweite; denn sie berühren die Menschen unmittelbar, sie beeinträchtigen ihren Alltag, ihre Lebensqualität, ihre Gesundheit. Daher ist hier unsere besondere Aufmerksamkeit gefordert, und daher wollen wir als Koalition alles daransetzen, unser Gesundheitssystem besser zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wer krank ist oder Pflege braucht, soll sich darauf verlassen können, dass er bestmöglich versorgt wird. Dafür brauchen wir ein modernes leistungsfähiges und effizientes Gesundheitssystem. Das sind wir den Menschen schuldig. Zudem handelt es sich um ein bedeutendes Arbeitsfeld - das darf man auch nicht außer Acht lassen -, das auf stabile Rahmenbedingungen angewiesen ist. Und die Millionen Beschäftigten dort haben Anspruch auf gute Arbeitsbedingungen. Diese Beschäftigten sind - da bin ich mir sicher - unser größter Pluspunkt, meine Damen und Herren. Wir müssen sie noch mehr in den Blick nehmen.
Sie sind hochqualifiziert und hochmotiviert. Ich bin davon überzeugt, wir werden so viel mehr erreichen, wenn wir den Beschäftigten in den Gesundheitsberufen mehr zuhören, wie ihre Arbeit effektiver gestaltet werden kann, wo die Hemmnisse in ihrem Arbeitsalltag liegen, welche Bedingungen sie benötigen, um die Patientinnen und Patienten noch besser zu versorgen. Wir wollen daher nicht nur die Vertrauenskultur stärken, sondern ebenso die Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der einzelnen Gesundheitsberufe.
Hier liegt das größte Potenzial.
Wir sorgen dafür, dass Ärztinnen und Ärzte - ob im Krankenhaus, ob in der Praxis - weniger Zeit für die Bürokratie aufbringen müssen. Sie sollen dafür wieder mehr Zeit für die Behandlung ihrer Patientinnen und Patienten haben. Dafür haben sie ihren Beruf schließlich auch gewählt.
Und, sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen den Pflegekräften endlich die Möglichkeit geben, ihre umfangreichen Fähigkeiten noch stärker einzubringen. Damit entlasten wir sie von Bürokratie und verbessern gleichzeitig die Versorgung. Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, viele Kompetenzen in der Pflege ungenutzt zu lassen, meine Damen und Herren.
Und wenn man Dinge anstoßen und verändern will, sind ein guter Austausch und Zusammenarbeit wichtig. Den Dialog mit allen Beteiligten, mit den Praktikerinnen und Praktikern in der Versorgung und Pflege, aber auch mit den Akteuren der Selbstverwaltung werde ich daher suchen und pflegen. Dazu gehört beispielsweise auch, dass wir einen neuen Pharmadialog starten. Wir wollen die Gesundheitswirtschaft, die Medizintechnik und die Pharmaindustrie als Leitindustrie stärken. Das ist gut und wichtig für den Standort Deutschland und für Europa.
Das, meine Damen und Herren, hilft den Patientinnen und Patienten, die eine stabile Arzneimittelversorgung benötigen; denn Arzneimittel müssen selbstverständlich auch bei den Menschen ankommen. Daher wollen wir die Vor-Ort-Apotheken stärken, vor allem im ländlichen Raum. Wir werden deshalb den wirtschaftlichen Rahmen von Apotheken in den Blick nehmen, und zugleich werden wir ihre Rolle als Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung ausbauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist insgesamt klar: Die nötigen und tiefgreifenden Strukturreformen werden wir gemeinsam fortsetzen und weiterentwickeln, so wie wir es im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Dazu gehört vor allem die Krankenhausreform. Damit sie gelingt, werden wir die bestehenden Vorgaben und Anforderungen noch einmal mit Blick auf die Ziele der Reform prüfen. Bei den notwendigen Anpassungen setze ich auch hier auf den Dialog mit den Ländern, den Selbstverwaltungspartnern und den Praktikern, um ihre Erfahrungen und Kenntnisse miteinzubeziehen.
Zudem werden wir zügig die Finanzierung des Transformationsfonds ändern, so wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist. Dieses Investitionsprogramm für Krankenhäuser wollen wir aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanzieren. Denn es ist nur folgerichtig: Die Kosten für den Umbau der Krankenhauslandschaft dürfen nicht allein von den Beitragszahlern geschultert werden. Es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen eine gute Krankenhausversorgung für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sicherstellen, gerade auch im ländlichen Raum. Ich stamme aus einer ländlichen Region und weiß, wie groß dort in den vergangenen Jahren die Verunsicherung mit Blick auf die Zukunft des örtlichen Krankenhauses war. Daher wollen wir die Lücke bei den Sofort-Transformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023 für die Krankenhäuser schließen. Auch das haben wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen.
Die Reform der Notfallversorgung, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir jetzt ebenfalls rasch angehen. Die Vorarbeiten aus den letzten beiden Wahlperioden werden uns dabei sicherlich nützlich sein; auch das gehört zur Effizienz.
Den Digitalisierungsschub werden wir fortsetzen; denn ein modernes Gesundheitssystem ist undenkbar ohne digitale Lösungen. Die laufende Einführung der elektronischen Patientenakte werden wir weiterhin eng begleiten. Klar ist dabei: Wir werden ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit und die Stabilität des Betriebs legen. Die Bürgerinnen und Bürger sind da zu Recht sensibel. Dem müssen wir auch gerecht werden.
Auch die Datenverfügbarkeit in unserem Gesundheitswesen für eine gute Versorgung und gute Forschung werden wir verbessern; denn sie ist wichtig für Patientinnen und Patienten, die auf neue Arzneimittel oder verbesserte Behandlungsmethoden angewiesen sind.
Zudem wird es bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen jetzt darum gehen, Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen zu überwinden. Unsere Messlatte ist auch dabei immer der konkrete Nutzen für die Patientinnen und Patienten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den Strukturreformen machen wir die Versorgung besser sowie leichter zugänglich. Das trifft zum Beispiel auch auf eine bessere Patientensteuerung in der ambulanten Versorgung zu. Die Strukturreformen werden uns helfen, eine bezahlbare Gesundheitsversorgung auf hohem Niveau zu sichern; denn wir wollen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung langfristig stabilisieren. Eine Kommission wird dazu Vorschläge erarbeiten. Um die GKV-Finanzen in nächster Zukunft zu stabilisieren, wird es aber nicht ohne kurzfristige Maßnahmen gehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gleiche gilt für die Pflegeversicherung. Die angespannte Finanzsituation erfordert ein mehrgleisiges Herangehen. Kurzfristig werde ich Gespräche führen und dann Vorschläge vorlegen, um der Pflegeversicherung über den Jahreswechsel hinaus Spielraum zu verschaffen. Mittel- und langfristig brauchen wir aber andere Lösungen; auch das ist klar.
Die Sicherung einer guten pflegerischen Versorgung gleicht einer Mammutaufgabe. Daher wird eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe noch in diesem Jahr einen Vorschlag für eine große Pflegereform erarbeiten. Alles soll dabei auf den Tisch, nicht nur die nachhaltige Finanzierung. Dazu gehören der steigende Pflegebedarf, die Situation der häuslichen Pflege und die Unterstützung der Angehörigen, die sektorenübergreifende Versorgung, die Bündelung von Leistungen und der Ausbau an Möglichkeiten für die Akutpflege. Selbstverständlich ist auch: Die zuletzt rasant gestiegenen Eigenanteile der Pflegebedürftigen müssen und werden wir in den Blick nehmen. Diese Gesamtbewertung der Pflege ist dringend notwendig. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe werde ich daher zeitnah einberufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns zusammen diese zahlreichen Aufgaben angehen; denn es ist viel zu gewinnen. Eine gute Gesundheitsversorgung und eine gute Pflege sind elementar. Wir sind es den Menschen im Land schuldig. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Herzlichen Dank.