Evidenzbasierte Medizin
Eine Ärztin oder ein Arzt stellt Diagnosen, macht Vorschläge für die medizinische Therapie einer Erkrankung oder verschreibt ein Arzneimittel zu ihrer Behandlung. Sie oder er tut dies in der Regel nach bestem Wissen und Gewissen, die Urteilskraft über die Richtigkeit seines Tuns basiert dabei u. a. auf eigenen und allgemeinen Erfahrungen aus der medizinischen Praxis.
Daraus allein lässt sich aber noch nicht mit Sicherheit ableiten, dass die Diagnosemethode oder die Therapieentscheidung dem aktuellen medizinischen Wissensstand entspricht oder dass der Nutzen des verordneten Arzneimittels auch wirklich nachgewiesen ist. Andererseits hat jede Patientin und jeder Patient ein Anrecht auf eine medizinische Versorgung mit Leistungen, deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen.
Evidenzbasierte Medizin hat zum Ziel, die ärztlichen Entscheidungsgrundlagen zu verbessern und die Qualität bei Diagnose und Therapie zu erhöhen. In der Praxis soll dies durch eine bessere Verzahnung von ärztlich-klinischer Erfahrung einerseits und dem bestmöglichen Einsatz medizinischen Forschungswissens andererseits erfolgen.
Mittels der evidenzbasierten Medizin lässt sich ein höherer Qualitätsanspruch sicherstellen. Denn die Wirksamkeit eines Arzneimittels oder einer Therapieform muss durch Belege, das heißt durch eine ausreichende Evidenz in Form von wissenschaftlichen Untersuchungen, nachgewiesen sein. Es sollen also in erster Linie solche Arzneimittel und Therapien angewendet werden, deren Wirksamkeit und Nutzen durch geeignete Studien nachvollziehbar belegt sind.
Die Arbeit des im Jahr 2004 gegründeten Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) stärkt den Stellenwert der evidenzbasierten Medizin maßgeblich. Eine der wesentlichen Aufgaben des Instituts – neben der wissenschaftlichen Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln oder medizinischen Behandlungsmethoden – ist die Zusammenstellung und Bewertung von Leitlinien für wichtige Versorgungsbereiche. Wissenschaftlich hochwertige Leitlinien werden vor allem von medizinischen Fachgesellschaften in einem methodisch gesicherten Verfahren der Konsensbildung unter Beteiligung von Patientenvertretern und unter Berücksichtigung von Alltagsbedingungen entwickelt. Sie geben den jeweils aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und bewährte Praxiserfahrungen wieder. In der Versorgung dienen medizinische Leitlinien dem Arzt als Orientierungshilfe, z. B. bei der Wahl zwischen verschiedenen Behandlungsmethoden. Sie sind deshalb ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung in der Medizin.
Bei den Arbeiten greift das IQWiG auch auf die Erkenntnisse der Cochrane Deutschland Stiftung zurück, die als nationale Vertretung des internationalen Forschungsnetzwerkes von Cochrane sich dafür einsetzt, die in Form von sogenannten systematischen Übersichtsarbeiten (Cochrane Reviews) ausgewerteten Ergebnisse klinischer Forschung allgemein zugänglich zu machen und die Nutzung dieser Evidenz zu fördern. So beruhen viele medizinische Leitlinien aus dem Gesundheitswesen auf den Evidenzsynthesen von Cochrane. Auch Patientinnen und Patienten sowie interessierte Laien haben die Möglichkeit, sich hier zu informieren. Autorinnen und Autoren werden bei der Erstellung von systematischen Übersichtsarbeiten insbesondere durch ein breites Angebot methodischer Workshops unterstützt. Über die Produktion von systematischen Reviews hinaus setzt sich Cochrane aber auch politisch für die verstärkte Nutzung von wissenschaftlicher Evidenz für Entscheidungen ein und engagiert sich gesellschaftlich für eine bessere Gesundheitskompetenz und das dafür nötige wissenschaftliche Grundverständnis.
Die evidenzbasierte Medizin bildet auch die Grundlage für die Arbeit des Gemeinsamen Bundesausschusses bei seinen medizinischen Bewertungen und Entscheidungen zur näheren Bestimmung der Inhalte der Versorgung und der von der GKV zu finanzierenden Leistungen.
Weitere Informationen
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Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)
Der Gemeinsame Bundesausschuss besteht aus drei unparteiischen Mitgliedern sowie aus Vertreterinnen und Vertretern der Vertragsärzteschaft, der Vertragszahnärzteschaft, der gesetzlichen Krankenkassen und der Krankenhäuser
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IQWiG
Iniformationen über das fachlich unabhängige Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)