Fallpauschalen
Die voll- und teilstationären Leistungen der rund 1.500 allgemeinen (somatischen) Krankenhäuser werden über DRG-System (Diagnosis Related Groups) nach § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vergütet.
Geschichtliche Entwicklung
Bis zum Jahr 2003 wurden allgemeine Krankenhausleistungen über krankenhausindividuelle Pflegesätze vergütet, die je Tag des Krankenhausaufenthaltes zu zahlen waren. Diese tagesbezogenen Pflegesätze wurden unabhängig davon berechnet, wie hoch der Behandlungsaufwand für einzelne Patientinnen und Patienten tatsächlich war. Die Krankenversicherung zahlte damit bei gleicher Behandlungsdauer für leicht erkrankte Patientinnen und Patienten genauso viel wie für schwer kranke Patientinnen und Patienten, die in der gleichen Fachabteilung eines Krankenhauses behandelt wurden. Die Vergütung erfolgte somit tagesbezogen und nicht leistungsorientiert. Die stationäre Verweildauer war im internationalen Vergleich sehr hoch.
Der Gesetzgeber hatte deshalb beschlossen, diese Vergütungsform durch ein "durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem" (§ 17b Abs. 1 Satz 1 KHG) zu ersetzen.
Mit der Einführung und Entwicklung der Entgeltsysteme wurden die Selbstverwaltungspartner auf der Bundesebene (Deutsche Krankenhausgesellschaft – DKG, Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenversicherung – GKV, Verband der privaten Krankenversicherung – PKV) beauftragt. Die Einbeziehung der PKV erfolgte, weil im Krankenhausbereich – anders als im ambulanten Bereich – die Entgelte für die allgemeinen Krankenhausleistungen für alle Versicherten (also u. a. auch für PKV-Versicherte) einheitlich sein sollen.
Ab dem Jahr 2003 wurde ausgehend von einer in Australien entwickelten Grundlage schrittweise das deutsche DRG-Fallpauschalensystem eingeführt und als "lernendes Systems" weiterentwickelt. Im Jahr 2003 erfolgte die DRG-Abrechnung für die Krankenhäuser noch auf freiwilliger Grundlage (Optionsjahr), seit dem Jahr 2004 war sie für alle somatischen Krankenhäuser verpflichtend. In beiden Jahren erfolgte die Anwendung noch unter budgetneutralen Bedingungen, das heißt die neuen Entgelte veränderten das Budget des einzelnen Krankenhauses nicht.
Von 2005 bis 2009 dauerte die sogenannte Konvergenzphase, also die Angleichung der krankenhausindividuellen Preise – und damit der Krankenhausbudgets – an landesweit einheitliche Preise, die auf die Verwirklichung des Ziels "gleiche Leistung, gleicher Preis" ausgerichtet war.
Landeseinheitliches Preisniveau
Seit dem 1. Januar 2010 rechnen grundsätzlich alle allgemeinen Krankenhäuser in einem Bundesland ihre Leistungen zu einem landeseinheitlichen Preisniveau (Landesbasisfallwert) ab. Wenige Einrichtungen sind als besondere Einrichtungen zeitlich befristet von der DRG-Abrechnung ausgenommen (beispielsweise Einrichtungen für Querschnittsgelähmte oder Schädel-Hirntraumaverletzte); sie vereinbaren weiterhin krankenhausindividuelle Entgelte.
Die Eingruppierung in die DRG-Fallpauschale erfolgt EDV-gestützt (Grouper) und wird insbesondere bestimmt durch die Krankheitsart (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die erbrachten Leistungen (Operationen und Prozeduren). Bei Patientinnen und Patienten mit leichten Erkrankungen sind die Vergütungen geringer als bei schweren, aufwändig zu behandelnden Erkrankungen. Der unterschiedliche Behandlungsaufwand wird durch Bewertungsrelationen ausgedrückt. Mit der Fallpauschale wird die Vergütung einer definierten Erkrankung und deren Behandlung (ohne die anfallenden Pflegepersonalkosten am Bett) in einer bestimmten Bandbreite der Verweildauer kalkuliert. Innerhalb dieser Bandbreite wird die gleiche Pauschale unabhängig von der tatsächlichen Verweildauer gezahlt. Einer Über- oder Unterschreitung der so ermittelten Verweildauer wird durch Vergütungszuschläge oder -abschläge Rechnung getragen. Grundsätzlich ergibt sich der Preis einer Fallpauschale durch Multiplikation der Bewertungsrelation der jeweiligen DRG mit dem Landesbasisfallwert.
Die DRG-Kalkulation erfolgt auf der Grundlage von tatsächlichen Leistungsdaten aller Krankenhäuser und ergänzend auf der Grundlage tatsächlicher Kostendaten einer Stichprobe von Krankenhäusern. Der DRG-Katalog 2024 wurde auf der Grundlage der plausibilisierten und bereinigten Kosten- und Leistungsdaten von 238 Krankenhäusern und ca. 3,5 Mio. Fällen kalkuliert. Der Katalog für das Jahr 2024 weist 1.296 Fallpauschalen und 233 Zusatzentgelte – überwiegend für teure Medikamente und Medizinprodukte – aus, die zusätzlich zu den Fallpauschalen abgerechnet werden können.
Pflegebudget
Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG, das zum 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist, wurde beschlossen, die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen künftig unabhängig von den Fallpauschalen zu vergüten. Seit dem Jahr 2020 ist die Krankenhausvergütung auf eine Kombination von Fallpauschalen und einer Pflegepersonalkostenvergütung (Pflegebudget) umgestellt.
Dazu wurden die Selbstverwaltungspartner gesetzlich beauftragt, die Fallpauschalen ohne die Pflegekostenanteile in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen auszuweisen. Auf Basis der ausgegliederten Pflegepersonalkosten wurden tagesbezogene Bewertungsrelationen für einen Pflegeerlöskatalog berechnet, der als separate Spalte in den Fallpauschalen-Katalog integriert wurde.
Das von den Vertragsparteien zu vereinbarende Pflegebudget zur Finanzierung der Pflegepersonalkosten berücksichtigt die krankenhausindividuellen Pflegepersonalkosten auf bettenführenden Stationen und wird auf der Grundlage der geplanten und nachgewiesenen Pflegepersonalausstattung und der krankenhausindividuellen Kosten ermittelt. Bis zu der erstmaligen Vereinbarung eines krankenhausindividuellen Pflegebudgets, welches über einen krankenhausindividuellen Pflegeentgeltwert abgezahlt wird, gilt ein gesetzlich festgelegter vorläufiger Pflegeentgeltwert. Durch die Multiplikation des Pflegeentgeltwertes mit der maßgeblichen Pflegeerlös-Bewertungsrelation und den Berechnungstagen, ergibt sich der Pflegeerlös für die Aufenthaltsdauer. Je Krankenhausaufenthalt kann nur eine DRG mit entsprechendem Pflegeerlös abgerechnet werden.
Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Krankenhäuser
Einzelheiten der Vergütung der Psych-Einrichtungen werden durch das KHG und die BPflV geregelt. Die voll- und teilstationären Leistungen psychiatrischer und psychosomatischer Krankenhäuser und Krankenhausabteilungen wurden danach bis einschließlich 2012 überwiegend mit tagesgleichen Abteilungspflegesätzen sowie Basispflegesätzen für die nicht-medizinischen Kosten des Krankenhauses finanziert. Angesichts des mangelnden Leistungsbezugs dieser Finanzierung wurde – ausgehend von den Vorgaben des § 17d KHG – mit dem Psych-Entgeltgesetz vom 21. Juli 2012 für die psychiatrischen und psychosomatischen Leistungen ein neues leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten eingeführt, das von 2013 bis 2017 auf freiwilliger Grundlage unter budgetneutralen Bedingungen angewendet wurde. Für die Jahre 2018 und 2019 war die Anwendung für alle psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäuser unter weiterhin budgetneutralen Bedingungen verpflichtend.
Der Entgelt-Katalog wird seit dem Jahr 2013 kontinuierlich, im Rahmen des lernenden Systems, weiterentwickelt. Im Jahr 2024 enthält er insgesamt 82 pauschalierte tagesbezogene Entgelte für voll- und teilstationäre Leistungen sowie für die stationsäquivalente Behandlung und 127 Zusatzentgelte. Die Ausdifferenzierung der Entgelte ermöglicht auch im Katalog 2024 eine deutlich sach- und leistungsgerechtere Abbildung der Leistungen psychiatrischer und psychosomatischer Einrichtungen als die bislang geltenden ein bis zwei unterschiedlichen Abteilungspflegesätze je Krankenhaus.
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) wurde die sektorenübergreifende Versorgung psychisch Kranker gefördert sowie die Transparenz und Leistungsorientierung verbessert. Wesentliche Elemente des PsychVVG sind:
- Die sektorenübergreifende Versorgung wird durch Einführung einer stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlung im häuslichen Umfeld als stationäre Leistung gestärkt.
- Sowohl Mengen als auch Preise werden dauerhaft hausindividuell vereinbart. Die Konvergenz an landeseinheitliche Preise entfällt.
- An die Stelle der bislang vorgesehenen Empfehlungen des G-BA zur Personalausstattung der Einrichtungen sind seit dem 1. Januar 2020 verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal getreten. Bis dahin galten die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung.
- Die Transparenz über die Einhaltung der jeweiligen Personalvorgaben wird erhöht.
- Zur Erhöhung von Transparenz und Leistungsorientierung in den Budgetvereinbarungen wurde ein leistungsorientierter Vergleich eingeführt. Die näheren Einzelheiten des leistungsbezogenen Vergleichs haben die Vertragsparteien im März 2019 vereinbart.
Seit dem Jahr 2018 ist das neue Entgeltsystem von allen psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen anzuwenden. Die ökonomische Wirksamkeit hat im Jahr 2020 begonnen.
Vorläufige Bewertung
Grundsätzlich konnte mit den bisherigen DRG-Katalogen von Jahr zu Jahr eine bessere Differenzierung der DRG zwischen einfachen und teuren Leistungen erzielt werden. Die Sachgerechtigkeit der Abbildung und damit die Leistungsorientierung der Vergütung wurden seit der DRG-Einführung im Jahr 2003 kontinuierlich verbessert.
Damit wurde auch eine bessere und sachgerechtere Vergütung der Hochleistungsmedizin erreicht. Für eine kontinuierliche Verbesserung ist entscheidend, dass sich die medizinischen Fachgesellschaften und die sonstigen Betroffenen mit Vorschlägen an dem sogenannten "strukturierten Dialog" des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) beteiligen. Unverzichtbar ist es zudem, dass sich eine ausreichende Anzahl von Krankenhäusern an der Kalkulation des DRG-Entgeltsystems beteiligt und differenzierte Kalkulationsdaten an das InEK liefert.
Die DRG-Einführung hat zunächst zu einer Verbesserung der Transparenz und Wirtschaftlichkeit der allgemeinen Krankenhausversorgung geführt. Die allgemeinen Krankenhäuser haben insbesondere ihre Prozessorganisation verbessert und Wirtschaftlichkeitsreserven realisiert; Fusionen und Kooperationen haben zugenommen. Die durchschnittliche Verweildauer in Krankenhäusern hat sich von 14 Tage in 1991 auf 9,7 Tage in 2000 und zuletzt im Jahr 2023 auf 7,2 Tage verringert.
Jedoch kann das System auch Fehlanreize induzieren. Die Erlöse einer Klinik werden generiert durch die Fälle, die sie behandelt. Es ist nicht auszuschließen, dass es damit auch Eingriffe gibt, die medizinisch gar nicht nötig oder möglicherweise auch ambulant erbringbar sind. Aus ökonomischem Druck eine steigende Zahl von Fällen zu behandeln, frustriert Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte und dient auch den Patientinnen und Patienten nicht. Die geplante Krankenhausreform soll hier ansetzen und Fehlanreize mindern. Ein zentraler Bestandteil der Reform ist daher die geplante Einführung einer Vorhaltevergütung - damit soll die Vorhaltung von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern künftig weitgehend unabhängig von der Leistungserbringung zu einem relevanten Anteil gesichert werden.
Mit der Krankenhausreform werden folgende zentrale Ziele verfolgt: Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität, Gewährleistung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung für Patientinnen und Patienten, Steigerung der Effizienz in der Krankenhausversorgung sowie Entbürokratisierung.