Festbeträge für Arzneimittel
Auf dem deutschen Markt ist eine Vielzahl von Arzneimitteln in vergleichbarer Qualität, mit vergleichbarer Wirkung und zum Teil gleicher Zusammensetzung zu sehr unterschiedlichen Preisen verfügbar. Es wäre nicht mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot vereinbar, die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler mit den Kosten teurer Arzneimittel zu belasten, wenn preisgünstigere und qualitativ gleichwertige Medikamente zur Verfügung stehen. Die Arzneimittel-Festbeträge bestimmen deshalb die Leistungspflicht der Krankenkassen näher; sie stellen sicher, dass die Krankenkassen nicht mit zu hohen Arzneimittelpreisen belastet werden. Sie stärken auch das Interesse von Ärztinnen und Ärzten und Versicherten an preisgünstigen Arzneimitteln. Gleichzeitig wird der Preiswettbewerb unter den Arzneimittelherstellern gestärkt, wenn die Versicherten von teuren Medikamenten hin zu preiswerteren aber gleichwertigen Arzneimitteln wechseln.
Festbetragsgruppen werden ausschließlich für Arzneimittel mit gleichen oder vergleichbaren Wirkstoffen oder vergleichbarer Wirkung, auch in Bezug auf die Nebenwirkungen, gebildet. Dies wird auf wissenschaftlicher Grundlage geprüft und in einem geregelten Verfahren durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, in dem Vertreterinnen und Vertreter der Ärzteschaft, Krankenkassen und Patientengruppen eingebunden sind, entschieden. Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und Versicherte können sich darauf verlassen, dass eine ausreichende Auswahl an vergleichbaren und gleichwertigen Arzneimitteln zum Festbetrag verfügbar ist.
Die Höhe der Festbeträge wird durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV SV) festgelegt. Dabei hat der GKV SV die rechtlichen Vorgaben zu beachten (§ 35 Absatz 5 SGB V). Festbeträge werden regelmäßig an die aktuelle Marktentwicklung angepasst. Dabei kann eine Festbetragssenkung immer nur dann vorgenommen werden, wenn verschiedene Anbieterinnen und Anbieter ihre Produkte bereits zu einem deutlich günstigeren Preis unter dem derzeit gültigen Festbetrag anbieten. Bei der Berechnung ist unter anderem darauf zu achten, dass mindestens 20 Prozent der Packungen und mindestens 20 Prozent der Verordnungen zum Festbetrag erhältlich sind. Verringert sich das Angebot preisgünstiger Arzneimittel, kommt es entsprechend zu einer Anhebung des Festbetrags.
Bei einer Anpassung der Höhe des Festbetrages werden die pharmazeutischen Unternehmerinnen und Unternehmer darüber rechtzeitig informiert und haben Gelegenheit, ihre Preise entsprechend anzupassen. Es kann aber auch vorkommen, dass Unternehmerinnen und Unternehmer beschließen, ihre Preise für bestimmte Arzneimittel nicht anzupassen. Dies ist eine alleinige unternehmerische Entscheidung.
Verordnet die Ärztin oder der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis über dem Festbetrag liegt, so muss die bzw. der Versicherte zusätzlich zur grundsätzlich zu tragenden Zuzahlung (der sogenannten Selbstbeteiligung) den überbleibenden Betrag als Aufzahlung übernehmen. Ärztinnen und Ärzte sind jedoch verpflichtet, Versicherte vorab auf die Kosten hinzuweisen und über andere Möglichkeiten der Behandlung zu informieren (§ 73 Absatz 5 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)). Dabei muss der Gegenvorschlag nicht in einem wirkstoffgleichen Arzneimittel bestehen.
Nach § 12 Absatz 2 SGB V erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag festgesetzt ist, mit dem Festbetrag. Daraus folgt, dass die Krankenkasse eine Leistung, die vom Festbetrag nicht im vollen Umfang gedeckt wird, in ihrem überschießenden Teil nicht erbringen darf. Nur in begrenzten Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, dass die Krankenkasse die Mehrkosten für ein Arzneimittel übernimmt, das teurer als der Festbetrag ist. Ist zum Beispiel ein rabattiertes Arzneimittel nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels berechtigt. Dabei trägt die Krankenkasse auch die Mehrkosten für Arzneimittel, deren Preise den Festbetrag überschreiten.