Kontrahierungszwang
Grundsätzlich herrscht in Deutschland Privatautonomie – ein Grundprinzip des Vertragsrechts. Privatautonomie bedeutet, dass jeder und jede selbst entscheiden kann, mit wem er oder sie Verträge abschließt und welche Bedingungen gelten.
In bestimmten Ausnahmefällen gibt es jedoch eine Pflicht, einen Vertrag abzuschließen, um zum Beispiel Diskriminierung oder Marktmissbrauch zu verhindern.
So müssen beispielsweise Verkehrsbetriebe grundsätzlich jede Person nach den Bedingungen des öffentlichen Tarifs befördern oder ein Wasser- oder Stromanbieter jeden Haushalt versorgen, der die Gebühren bezahlt. Auch gesetzliche Krankenkassen unterliegen dem Kontrahierungszwang: Sie sind verpflichtet, alle Personen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, aufzunehmen – unabhängig vom Alter, Gesundheitszustand oder finanzieller Leistungskraft. Ziel ist es, allen Personen einen Zugang zur Gesundheitsversorgung zu sichern.
Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz haben alle Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall eine Rückkehrmöglichkeit in ihre Krankenversicherung erhalten – sei es eine gesetzliche oder private Krankenversicherung.
Die private Krankenversicherung (PKV) bietet hierfür auch einen dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechenden Basistarif an – ohne Risikozuschläge und ohne Leistungsausschlüsse. Auch für diesen Basistarif gilt – im Gegensatz zu anderen PKV-Tarifen – der Kontrahierungszwang: Die privaten Krankenversicherungen müssen dort alle Personen aufnehmen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und die Aufnahme beantragen. Gleiches gilt für die staatlich geförderte private Pflegevorsorge: Für private Pflege-Zusatzversicherungen, für die der Staat eine Zulage bezahlt, greift ebenfalls ein Kontrahierungszwang.