Besondere Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz
Zu den Symptomen der Demenz gehören verschiedene typische Verhaltensweisen und Handlungsmuster der Betroffenen, mit denen sich die meisten Angehörigen zu einem bestimmten Zeitpunkt auseinandersetzen müssen. Die Ursachen liegen zum Großteil im Verlust von Gedächtnis und Erinnerungsvermögen und in der Unfähigkeit, logische Verknüpfungen herzustellen.
Wiederholen immer gleicher Fragen und Handlungen
Viele Menschen mit Demenz stellen immer wieder dieselbe Frage oder wiederholen die gleichen Sätze oder Handlungen. Das kann für die Betreuenden ausgesprochen anstrengend und belastend sein und den Eindruck nähren, dass der Mensch einen mit Absicht ärgern will. Das ist jedoch normalerweise nicht der Fall. Vielmehr hat er wahrscheinlich einfach vergessen, dass er die Frage schon einmal gestellt hat. Die ständige Vergewisserung hilft ihm, mit seinen Zweifeln umzugehen.
Oftmals ist wiederholtes Fragen auch ein Zeichen von Angst oder Unsicherheit. Fragt eine betroffene Person beispielsweise immer wieder nach Andrea, die gerade im Urlaub ist, kann es sein, dass sie sich darüber Sorgen macht, dass Andrea sie längere Zeit nicht besucht hat. Vielleicht ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass sie sich einsam fühlt und Gesellschaft sucht.
Wiederholtes Fragen
- Versuchen Sie, die Frage zu beantworten.
- Schreiben Sie die Antwort gut lesbar auf und zeigen Sie auf die Notiz, sobald der Mensch mit Demenz die Frage stellt.
- Geben Sie nicht nur eine Antwort, sondern beruhigen Sie auch.
- Wenn Sie die Geduld verlieren, gehen Sie für kurze Zeit aus dem Zimmer.
- Falls Sie die Frage nicht beantworten können, widmen Sie dem Menschen mit Demenz anderweitig mehr Aufmerksamkeit.
- Unterbrechen Sie die Situation, indem Sie die betroffene Person mit etwas anderem beschäftigen.
In diesem Fall hilft es nicht, wenn man immer wieder versichert: „Andrea ist im Urlaub.“ Aber vielleicht hört die betroffene Person auf, diese Frage zu stellen, wenn man ihr sagt, dass sie nicht allein ist, bis Andrea wiederkommt. Manchmal neigt ein Mensch mit Demenz auch dazu, die gleiche Handlung immer wieder auszuführen, wie etwa Regale abzustauben oder Schuhe zu putzen. Dies ist kein Grund zur Beunruhigung, sondern ein Zeichen dafür, dass er eine Beschäftigung finden konnte, die ihm gut gelingt und gefällt.
Nächtliche Unruhe und Wandern
Im mittleren Stadium der Demenz zeigen viele betroffene Menschen einen ausgeprägten Bewegungsdrang, gepaart mit starker Unruhe. Mögliche Ursachen sind innere Anspannung oder Nervosität, die oftmals durch krankhafte Veränderungen im Gehirn hervorgerufen werden. Hinzu kommt, dass das Gehen für sie von besonderer Bedeutung ist. Es gehört zu den wenigen Tätigkeiten, die noch selbstständig ausgeführt werden können. Gehen stärkt ihr Selbstwert- und Körpergefühl, gibt ihnen eine gewisse Entscheidungsfreiheit und wirkt sich positiv auf ihre Stimmung aus. Oftmals drückt sich in diesem sogenannten „Wandern“ von Menschen mit Demenz auch die Suche nach dem aus, was sie ihrer Meinung nach verloren haben, beispielsweise einen Gegenstand, Menschen aus ihrer Vergangenheit oder allgemein Sicherheit und Geborgenheit.
Nervöses Hin-und-her-Laufen
- „Laufen lassen“ ist oft die beste Lösung.
- Suchen Sie nach Ursachen für die Unruhe, wie etwa körperliches Unwohlsein oder ein spitzer Stein im Schuh.
- Der gemeinsame Beginn einer anderen Aktivität oder ein gemeinsamer Ortswechsel kann die Unruhe lindern.
- Finden Sie zusammen mit der Person eine sinnvolle Tätigkeit wie Kartoffelschälen oder Gartenarbeit.
- Versuchen Sie, der betroffenen Person zu vermitteln, dass sie in Ihrer Nähe sicher und geborgen ist.
- Eventuell wirkt bereits ein Schluck Wasser beruhigend.
Nächtliches Wandern
- Versuchen Sie, eine sichere Umgebung zu schaffen, und sorgen Sie dafür, dass die Türen nach draußen nachts verschlossen sind.
- Bewegungsmelder zeigen an, wenn die Person das Zimmer verlässt. So vermeiden Sie unnötiges Aufstehen, um nach dem Rechten zu sehen.
- Begrenzen Sie den Schlaf der Person tagsüber und sorgen Sie dafür, dass sie ausreichend Bewegung hat.
- Ein bequemes Bett, eine angenehme Raumtemperatur und ein warmes Getränk, wie zum Beispiel Tee, helfen beim Einschlafen.
- Falsch dosierte Beruhigungsmittel können nächtliches Wandern verstärken.
Schlafstörungen und die zunehmende Unfähigkeit, Tag und Nacht zu unterscheiden, führen häufig dazu, dass sich „Gehen“ und „Wandern“ auch auf die Nacht ausdehnen. Das ständige Hin-und-her-Laufen kann die Nerven der betreuenden Personen stark strapazieren. Wandern Menschen mit Demenz auch nachts umher, besteht die Gefahr, dass die Gesundheit und das Wohlbefinden der gesamten Familie leiden. Verschiedene Maßnahmen können dabei helfen, mit beiden Phänomenen besser zurechtzukommen.
Wirklichkeitsfremde Überzeugungen und Sinnestäuschungen
Die eingeschränkte Fähigkeit der Betroffenen, Situationen und Wahrnehmungen richtig zu deuten, führt häufig zu Erklärungsversuchen, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. So beschuldigen sie beispielsweise ihre Angehörigen, Geld gestohlen zu haben, oder halten Verwandte für verkleidete Fremde. Sie erkennen den „alten Menschen“ im Spiegel nicht und fürchten sich vor Bildmotiven oder Teppichmustern.
Die Abweichungen zwischen der mit Demenz erlebten Welt und der Realität der Angehörigen führen leicht zu Konflikten im Betreuungsalltag. So kann es ein äußerst schockierendes Erlebnis sein, vom Vater oder von der Ehefrau als Dieb bezeichnet zu werden. Der Umgang miteinander wird daher erleichtert, wenn sich die Pflegenden vor Augen führen, dass die „Beschuldigungen“ keine bösartigen Verleumdungen darstellen, sondern lediglich ein Versuch sind, Lücken in der Erinnerung zu füllen. Oft verstecken Menschen mit Demenz wichtige Gegenstände wie Schlüssel, Geld, aber auch Lebensmittel aus einem vermeintlichen Sicherheitsbedürfnis heraus. Finden sie diese Gegenstände dann nicht wieder, erscheint ihnen „Diebstahl“ die einzige Erklärung zu sein. Meist genügt es, den Gegenstand wieder aufzufinden, um die Person zu beruhigen.
Mit dem Fortschreiten der Demenz wird die Lebenswelt der Betroffenen weitgehend von den noch vorhandenen Erinnerungen geprägt. Sie leben mit den Vorstellungsbildern einer bestimmten Lebensphase und verhalten sich dementsprechend: Sie machen sich auf den Weg zur Arbeit oder suchen ihre Eltern. Oftmals gibt das Leben in der Vergangenheit Halt und Sicherheit. Erwarten die Angehörigen von ihnen, dass sie sich ihre Verirrung eingestehen, wird dies als Bedrohung erlebt. Deshalb ist es meist sinnvoller, den Betroffenen auf der Gefühlsebene zu begegnen, statt den Wahrheitsgehalt ihrer Äußerungen anzuzweifeln. So kann man sie beispielsweise ermuntern, etwas über ihre Arbeit oder die Eltern zu erzählen.
Verständnisvolle Beziehung
- Versuchen Sie, den Überblick darüber zu behalten, wo die betroffene Person Gegenstände normalerweise versteckt.
- Beruhigen Sie und helfen Sie, den vermissten Gegenstand wiederzufinden.
- Suchen Sie die Ihnen bekannten Verstecke regelmäßig nach gehorteter Nahrung ab.
- Achten Sie beim Ausleeren von Papierkörben auf möglicherweise versteckte Gegenstände.
- Nehmen Sie – auch wenn es schwerfällt – Anschuldigungen nicht persönlich, sondern als Symptom der Krankheit.
- Versuchen Sie zu erklären und zu beruhigen, ohne den Menschen mit Demenz der Lüge zu bezichtigen.
- Versuchen Sie, die betroffene Person von Sorgen abzulenken.
- Entfernen Sie Bilder, Tapeten oder Teppiche mit irritierenden Mustern oder Motiven und leuchten Sie dunkle Ecken gut aus.
Aggressives Verhalten
Menschen mit Demenz verhalten sich manchmal verbal oder körperlich aggressiv. Sie schreien und beschimpfen die betreuenden Personen oder – was allerdings seltener vorkommt – schlagen oder werfen mit Gegenständen.
Auslöser für Wutausbrüche und aggressives Verhalten sind weniger krankheitsbedingte Veränderungen im Gehirn als vielmehr die erschwerten Lebensbedingungen und die daraus resultierende Angst der Betroffenen. Sie leben in einer Welt, die sich für sie dauernd verändert, und sind deshalb ständig beunruhigt, weil sie nicht wissen, was sie als Nächstes erwartet. Ein plötzlicher lauter Satz oder eine Situation, die sie überfordert, können dazu führen, dass sie aggressiv reagieren. Manchmal missverstehen sie auch die Absicht anderer Menschen oder die gesamte Situation: So fühlen sie sich etwa bedroht, weil ein scheinbar „Fremder“ ihre Hose ausziehen möchte, oder sie wollen ihren Pyjama nicht anziehen, da sie denken, sie seien gerade erst aufgestanden.
Gerade wenn sich Menschen mit sanftmütigem Charakter plötzlich aggressiv verhalten, ist dies für die Angehörigen ein Schock. In solchen Momenten ist es mitunter hilfreich, daran zu denken, dass ihr Verhalten durch die Demenz verursacht wird und nicht durch sie selbst. Um solchen Aggressionen vorzubeugen, ist es wichtig, die Anlässe für dieses Verhalten herauszufinden und, wenn möglich, zu beseitigen. Gelingt dies nicht, kann Ablenkung eine sinnvolle Strategie sein. Wenn Menschen mit Demenz beispielsweise bei der Körperpflege aggressiv reagieren, reicht es unter Umständen schon aus, in solchen Situationen gemeinsam deren Lieblingslieder zu singen. Auf diese Weise abgelenkt, vergessen sie oftmals ihren Widerwillen.
Umgang mit Aggressionen
- Versuchen Sie, gelassen zu bleiben und die betroffene Person zu beruhigen. In manchen Fällen hilft Körperkontakt.
- Versuchen Sie, von der Situation abzulenken.
- Achten Sie auch auf Ihre Sicherheit, falls der Mensch mit Demenz zu aggressivem Verhalten neigt und dabei gefährliche Gegenstände benutzt. Für solche Situationen kann es auch ratsam sein, sich einen Fluchtweg offenzuhalten und zu lernen, wie man sich sanft aus einem festen Griff befreit.
- Sprechen Sie, sobald Sie sich überfordert oder bedroht fühlen, mit jemandem, dem Sie vertrauen.
- Beraten Sie sich mit einer Ärztin beziehungsweise einem Arzt.
Das sollten Sie vermeiden:
- Konfrontation, Diskussion und Streit
- den Versuch, die Person gewaltsam festzuhalten
- sich selbst in eine Ecke treiben zu lassen
- der Person keinen Platz zu lassen
- Provokation durch Necken oder Lachen
- Angst zu zeigen
- gewaltsames Losreißen, wenn Sie festgehalten werden
- die Bestrafung der Person
Weitere Informationen
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Schlüssel zum Verstehen von Demenz
Eine Demenz geht weit über den Verlust der geistigen Fähigkeiten hinaus. Sie beeinträchtigt die Wahrnehmungen, das Verhalten und Erleben der Betroffenen – das gesamte Sein des Menschen. Die Betroffenen vereinsamen innerlich, da ihnen keiner in ihrem Erleben der Welt mehr zu folgen vermag.
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Der Umgang mit Betroffenen und sich selbst
Es ist wichtig, die betroffene Person so anzunehmen, wie sie ist, und das zu akzeptieren, was sie tatsächlich leisten kann. Eine angenehme und spannungsfreie Atmosphäre, die Halt und Sicherheit gibt, steigert das Wohlbefinden maßgeblich.
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Mit der Alzheimer-Demenz leben
Mit der Diagnose „Demenz“ kommen nicht nur auf die Betroffenen, sondern auch auf ihre Angehörigen große Belastungen zu. Die gesamte Familie ist fortan gefordert, die betroffene Person zu verstehen, sich in sie einzufühlen und sie kompetent zu betreuen.