Interview zum ZDG-Modellvorhaben „Besser mit als ohne App? – Symptom Checker Apps in der notfallmedizinischen Akutversorgung (AkuSym)“

Prof. Dr. Dr. Felix Balzer ist Projektleiter am Institut für Medizinische Informatik der Charité Berlin, Dr. Malte Schmieding ist ebendort stellv. Projektleiter

Was war das Ziel Ihres Modellvorhabens, wie sind Sie dabei grob vorgegangen?

Dr. Malte Schmieding

Viele Menschen nutzen das Internet als Quelle für Gesundheitsinformationen. Insbesondere anlassbezogen, also beispielsweise vor einem Arztbesuch, ist es gängig, dass Patientinnen und Patienten mithilfe von Suchmaschinen im Internet nach passenden Informationen suchen. Da die so auffindbaren Informationen oft falsch, unpassend oder zumindest irreführend sind, sind Vorbehalte gegen die Befragung von „Dr. Google“ in der Ärzteschaft verbreitet. Als Alternative zu den Suchmaschinen wie Google, Bing, duckduckgo etc. wurden sogenannte Symptom Checker-Apps entwickelt. Dies sind zumeist kommerzielle Webseiten oder Smartphone-Apps, die versprechen, basierend auf den Angaben der Nutzerinnen und Nutzer zu ihren aktuellen medizinischen Beschwerden individuelle Ratschläge und Informationen geben zu können.

Prof. Dr. Dr. Felix Balzer

Mit dem Projekt AkuSym untersucht die Charité nun, ob solche Symptom Checker-Apps einen Mehrwert in der notfallmedizinischen Versorgung bieten können. Dazu führen wir eine randomisiert-kontrollierte Studie durch: Wir rekrutieren Patientinnen und Patienten, die sich an einer von drei Einrichtungen der akutmedizinischen Versorgung in Berlin vorstellen. Die Hälfte der eingeschlossenen Teilnehmenden wird dabei eine Symptom Checker-App verwenden, die andere Hälfte nicht. Zudem diskutieren wir im Nachgang mit den beteiligten Ärztinnen und Ärzten und ausgewählten Studienpatientinnen und -patienten, ob, wie und wo solche Symptom Checker-Apps ein sinnvoller Bestandteil der Gesundheitsversorgung in Deutschland werden könnten.

Welche Vorteile bietet der Versorgungsansatz Ihres Modellvorhabens für die Beteiligten?

Symptom Checker-Apps bieten Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, sich rund um die Uhr und niedrigschwellig zu medizinischen Beschwerden beraten zu lassen. Genauer gesagt geben solche Apps Einschätzungen ab, welche Krankheiten mögliche Ursachen der geschilderten medizinischen Beschwerden sind, und wie dringlich man ärztliche Hilfe aufsuchen sollte. Aus gesundheitspolitischer Perspektive und auch aus Perspektive der Ärzteschaft ist interessant, dass solche Apps einen kostengünstigen und skalierbaren Ansatz bieten, Patientinnen und Patienten zielgerichteter in die für ihre Krankheit beste Versorgungsstruktur zu leiten. Unnötige Besuche in den derzeit oft überlasteten Notaufnahmen könnten so vermieden werden. Gleichzeitig könnten Notfälle oder abwendbar gefährliche Verläufe früher als solche erkannt werden. Auch jenseits der Beratung zu konkreten Entscheidungen könnte die zielgerichtete Vermittlung von Informationen die Patientinnen und Patienten „empowern“, das heißt, sie dazu befähigen und motivieren, sich besser um ihre Gesundheit sorgen.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich aus Ihrem Modellvorhaben, wie können sie zur Verbesserung der Versorgung beitragen?

Obwohl die Nutzung von Symptom Checker-Apps schon verbreitet ist, gibt es vergleichsweise wenig Forschung dazu. Bisherige Studien untersuchten vor allem, wie häufig die Einschätzungen dieser Apps richtig sind. Hier ist die Spannbreite groß: Es gibt sowohl gute (also leistungsfähige) Apps, deren Empfehlungen zumeist sicher und passend sind, als auch viele, bei denen die Nutzerin oder der Nutzer schlechter beraten ist, als einfach der eigenen Einschätzung zu trauen. Auch für die guten Apps stellt sich jedoch die Frage, ob sie die Patientenversorgung nachweislich verbessern können. In unserer Studie untersuchen wir deshalb, ob die Zufriedenheit mit der erhaltenen Versorgung in der Notaufnahme und mit dem Arzt-Patienten-Gespräch verbessert wird, wenn Patientinnen und Patienten Symptom Checker-Apps verwenden.

Dabei ist insbesondere die verwendete Methodik, eine sogenannte Interventionsstudie, aufschlussreich. Bereits veröffentlichte Ergebnisse von Beobachtungsstudien aus dem Ausland zeigen, dass Patientinnen und Patienten, die sich aus eigenem Antrieb online zu Gesundheitsthemen informieren, anschließend die Beziehung zur ihrer behandelnden Ärztin bzw. zum behandelnden Arzt und die erhaltene Versorgung positiver bewerten. Bis jetzt offengeblieben ist, ob dieser positive Effekt auch denjenigen zugutekommen kann, die nicht aus eigenem Antrieb, sondern erst auf Empfehlung hin Gesundheitsinformationen im Internet suchen. Diese Erkenntnis ist wichtig, um eine allgemeine Empfehlung für oder gegen die Nutzung von Symptom Checker-Apps formulieren zu können.

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