Entwicklung eines KI-basierten Entscheidungsunterstützungssystems zur individualisierten Vorhersage wirksamer Antibiotikatherapien (KINBIOTICS)
Ressortforschung im Handlungsfeld „Digitalisierung“, Förderschwerpunkt „Digitale Innovationen“
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Motivation
Antibiotikaresistenzen stellen eine große gesellschaftliche, gesundheitspolitische und ökonomische Herausforderung dar. Durch den Einsatz von Breitbandantibiotika treten sie immer häufiger auf. Gerade bei schweren Infektionen mit organischen Dysfunktionen – einer sogenannten Sepsis – ist eine zielgerichtete Antibiotikagabe grundlegend für einen Behandlungserfolg und ein Therapiebeginn innerhalb einer Stunde entscheidend für die Überlebenswahrscheinlichkeit von Patientinnen und Patienten. Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) kann in diesem Zusammenhang für eine Entscheidungsunterstützung sorgen und somit zu einer verbesserten Versorgung beitragen.
Ziele und Vorgehen
Ziel des KINBIOTICS Projektes ist es ein digitales Assistenzsystems für das medizinische Fachpersonal in der Anwendung von Antibiotika zu entwickeln. Das Assistenzsystem soll bei der Entscheidungsfindung zur Antibiotikawahl bei septischen Infektionen helfen. Durch die Integration von Methoden des maschinellen Lernens können komplexe Zusammenhänge in den Daten der Patientinnen und Patienten erkannt werden und darauf basierend passgenaue Vorschläge für die Therapie mit Antibiotika gemacht werden.
Perspektiven für die Praxis
Durch die Anwendung des Assistenzsystems sollen sowohl die Verschreibung falscher und damit Resistenz begründender Antibiotika, als auch das Auftreten von Nebenwirkungen und Komplikationen reduziert werden. Dies kann die Gesundheitsversorgung nachhaltig verbessern und das medizinische Personal in der Therapieauswahl für sich im kritischen Zustand der Sepsis befindliche Patientinnen und Patienten unterstützen.
Ergebnisse
Es konnte ein einheitliches Datenmodell entwickelt werden, um den interoperablen Austausch und die Zusammenführung von relevanten Daten aus klinischen Informationssystemen zu ermöglichen. Das technische Format orientierte sich an dem durch die Medizininformatik-Initiative (MII) definierten Kerndatensatz. Dank dieses Modells wurden insgesamt 3.600 Datenpunkte für Sepsis-Fälle aus den drei beteiligten Kliniken in Bielefeld und Detmold ausgeleitet. Zudem wurde ein KI-basiertes System zur Unterstützung von Ärztinnen und Ärzten bei der Verschreibung eines Antibiotikums entwickelt. Allerdings hat das experimentelle System eine Fehlerrate von deutlich über 10 %, da zu wenige valide Daten zum Training zur Verfügung standen. Perspektivisch ließe sich dieses Problem durch zusätzlicher Trainingsdaten lösen.
Weiterhin wurde ein Erreger- und Resistenz-Observatorium, sowie ein Sequenzierverfahren zur Typisierung von bakteriellen Erregern entwickelt und prototypisch etabliert. In einem Leitfaden zur Integration von Entscheidungsunterstützungssystemen in der klinischen Praxis wurden Handlungsempfehlungen für die Nutzbarmachung definiert: Hierzu zählt unter anderem die Schaffung einer technischen Infrastruktur, damit das System erfolgreich integriert werden kann, eine transparente und nachvollziehbare Darstellung der KI-Entscheidung oder die frühzeitige Einbindung der Nutzenden sowie deren Vorbereitung auf den KI-Einsatz.
Verwertung
Das Vorhaben KINBIOTICS hat wichtige Grundlagen für die Entwicklung von Systemen zum besseren Einsatz von Antibiotika bei Sepsis gelegt. Diese können mittelfristig die Gesundheitsversorgung nach-haltig verbessern und das medizinische Personal in der Therapieauswahl für sich im kritischen Zustand der Sepsis befindliche Patientinnen und Patienten unterstützen. Der erarbeitete und online veröffentlichte Leitfaden benennt wichtige Eckpunkte für den Einsatz von Entscheidungsunterstützungssystemen im klinischen Alltag. Dieser kann Entwicklerinnen und Entwickler als Richtschnur für die Gestaltung von KI-basierten Systemen dienen oder aber von Institutionen wie Kliniken für die praktische Verstetigung herangezogen werden. Die KINBIOTICS-Datenbank wird weiterhin auch für Folgeprojekte genutzt und stetig durch weitere Informationen ergänzt.
Fakten zum Projekt
Projektleitung
Universität Bielefeld
Prof. Dr. Philipp Cimiano
Inspiration 1
33615 Bielefeld
Projektlaufzeit
01.10.2020 bis 10.02.2024
Das Projekt ist Teil des Förderschwerpunkts „Digitale Innovationen für eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung“.
Ansprechperson
Dr. Mario Paterno
DLR Projektträger
projekttraeger-bmg(at)dlr.de
Weitere Informationen
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