KI-augmentierte perioperative klinische Entscheidungsunterstützung (KIPeriOP)
Ressortforschung im Handlungsfeld „Digitalisierung“, Förderschwerpunkt „Digitale Innovationen“
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Motivation
Trotz medizinischer Fortschritte liegt die Sterblichkeit im Rahmen einer Operation seit zehn Jahren bei bis zu 0,8 Prozent. Fachleute erwarten, dass ein verbessertes Risikomanagement vor, während und nach der Operation die Sterblichkeit und dauerhafte Schädigungen reduzieren könnte. Klinische Handlungsleitlinien unterstützen die Entscheidungsfindung durch die Definition von Risikoparametern und die Bewertungen für Schädigungsrisiken. Das Projekt KIPeriOP setzt an dieser Stelle an und versucht, mit Hilfe einer KI-Lösung einen Beitrag zu leisten, verlässliche Vorhersagen möglicher Risiken im Rahmen von Operationen zu ermöglichen.
Ziele und Vorgehen
Das primäre Ziel des Projekts KIPeriOP ist es, ein digitales Entscheidungsunterstützungssystem (CDS) zu entwickeln, das vor und nach Operationen die Vorhersage und Dokumentation von Risikovorhersagen verbessert. Auf diese Weise sollen Nutzerinnen und Nutzer dabei unterstützt werden, klinische Handlungsleitlinien in der Praxis umzusetzen. Im Projekt sollen mit Hilfe von KI-Algorithmen zuverlässige und transparente Modelle zur Vorhersage von drohenden gesundheitlichen Schäden und den dafür relevanten Faktoren entwickelt werden. Die Algorithmen sollen anhand von Daten der beteiligten Kliniken validiert werden. Neben der algorithmisch-technischen Lösung soll auch untersucht werden, inwieweit bestehenden Handlungsleitlinien erweitert und innovative Lösungen zu Klinischen Entscheidungshilfen in klinische Abläufe und die Kommunikation mit den Patienten und Patientinnen integriert werden können.
Perspektiven für die Praxis
Ein wesentliches Ziel des Projekts liegt in der konkreten Verbesserung der patientenzentrierten Versorgung und der Optimierung der personalisierten Behandlung. Das Projekt kann dazu beitragen, das Risiko von Folgeschäden für Patientinnen und Patienten, die vor einem operativen Eingriff stehen besser abschätzen und frühzeitig Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen zu können. Zudem leistet das Projekt durch die Untersuchung ethischer, ökonomischer und Nutzer-spezifischer Aspekte einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Akzeptanz von KI in der Medizin.
Ergebnisse
Im Rahmen des Projekts wurde eine klinische, ethische und ökonomische Anforderungsanalyse und Validierung als Ausgangspunkt für die klinische Anwendung des KI-Modells ausgearbeitet. Über sie erfolgte eine ethische Analyse des tatsächlichen praktischen Nutzens für das medizinische Personal im Hinblick auf Transparenz, Erklärbarkeit der Technologie, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit. Durch mehrere Projektpartner erfolgte ein praktischer Test der integrierten Softwarelösung. Wichtig war die Implementierung und Evaluation geeigneter KI-Modelle an verschiedenen, öffentlich zugänglichen Datensätzen. Zusätzlich wurden zur gezielteren Vorbereitung der KI-Modellierung in Kooperation mit mehreren Verbundpartnern verschiedene relevante Komplikationen wie Delir, Nierenversagen oder Blutung identifiziert und das klinische Vorwissen jeweils strukturiert erfasst. Auf dieser Basis wurde eine retrospektive Studie mit Routinedaten vom Verbundpartner Charité implementiert, um die Modellierung der prospektiven Studiendaten bestmöglich vorzubereiten. Im Anschluss erfolgte die Integration und der Test des Gesamtsystems in enger Zusammenarbeit mit den Klinikerinnen und Klinikern der Verbundpartner, um ein leitlinienbasiertes System zur klinischen Entscheidungsunterstützung zu entwickeln. Das KIPeriOP CDS-System umfasst insgesamt ca. 50 CDS-Tools und unterstützt Ärztinnen und Ärzte insbesondere bei Entscheidungen und Prozessen während der Visite von Patientinnen und Patienten und zur Vorbereitung der Anästhesie im Rahmen einer Operation.
Verwertung
Ein wesentliches Ziel des Vorhabens war es, die patientenzentrierte Versorgung zu verbessern und die personalisierte Behandlung zu optimieren. Das Projekt kann letztlich dazu beitragen, das Risiko von Folgeschäden für Patientinnen und Patienten, die vor einem operativen Eingriff stehen, besser abschätzen und frühzeitig Maßnahmen zur Risikominimierung ergreifen zu können. Das ist eine starke Verbesserung der Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung. Die eingerichtete standardisierte Dateninfrastruktur zur Erfassung und Analyse perioperativer Daten in mehreren Krankenhäusern besteht weiterhin und kann auch als Blaupause für andere Kliniken genutzt werden. Aufbauend auf den Projektergebnissen besteht die Möglichkeit zur Integration von telemedizinischen Lösungen.
Zudem erfolgte eine Firmengründung, um Ergebnissen des Vorhabens KIPeriOP kommerziell zu verwerten (Fa. Medimir).
Fakten zum Projekt
Projektleitung
Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.
Prof. Dr. Anja Hennemuth
Hansastraße 27c
80686 München
Projektlaufzeit
01.10.2020 bis 31.12.2023
Das Projekt ist Teil des Förderschwerpunkts „Digitale Innovationen für eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung“.
Projektbeteiligte
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Charité - Universitätsmedizin Berlin
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Asklepios Medical School GmbH
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Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
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Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
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Technische Universität München
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Börm Bruckmeier Verlag GmbH
Ansprechperson
Dr. Alexander Grundmann
DLR Projektträger
projekttraeger-bmg(at)dlr.de
Weitere Informationen
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