Interventionsstudie zur Steigerung der HPV-Impfquote in Deutschland (InveSt HPV)
Ressortforschung im Handlungsfeld „Gesundheitsförderung und Prävention“
Motivation
Persistierende Infektionen mit Humanen Papillomaviren (HPV) können Karzinome des Anogenital-, Mund- und Rachenraums verursachen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt daher die HPV-Impfung für Mädchen (seit 2007) und Jungen (seit 2018) zwischen 9 und 14 Jahren. Die Impfserie sollte möglichst vor dem ersten Sexualkontakt abgeschlossen sein. Trotz der nachgewiesenen sehr hohen Wirksamkeit der HPV-Impfung sind nur etwa 50 % der 15-jährigen Mädchen und <30 % der 15-jährigen Jungen vollständig geimpft (Stand 2021). Die Gründe dafür liegen u. a. in einem geringen Bewusstsein für die Risiken der HPV-Infektion für beide Geschlechter, aber auch in der oftmals schambehafteten Thematik sexuell übertragener Infektionen, insbesondere im sensiblen Kontext der Zielgruppe junger Kinder und Jugendlicher.
Projektleitung
Robert Koch-Institut
Dr. Anja Takla, MPH M.Sc.
Nordufer 20
13353 Berlin
Projektlaufzeit
01.01.2023 bis 30.06.2026
Ansprechperson
Dr. Angela Steinbach
DLR Projektträger
projekttraeger-bmg(at)dlr.de
Ziele und Vorgehen
Das Projekt soll zwei Ansatzpunkte zur Steigerung der HPV-Impfquoten in der Praxis testen und wissenschaftlich begleiten. In Modul 1 des Projekts geht es um sogenannte Recall-Systeme, die dabei helfen können, den zeitgerechten Arztkontakt zu unterstützen. Die Wirksamkeit von Recall-Systemen ist bereits wissenschaftlich belegt, trotzdem werden solche Systeme in Deutschland aus ungeklärten Gründen nicht flächendeckend genutzt. Modul 1 beschäftigt sich daher mittels quantitativer Erhebungen mit den Hürden für den Einsatz bzw. die Verbreitung von Recall-Systemen für die HPV-Impfung in den relevanten Stakeholdergruppen (Kinderarztpraxen, Eltern und Krankenkassen). Aus den Ergebnissen werden konkrete Vorschläge zur Beseitigung der strukturellen Probleme für das Nicht-Einsetzen sowie Ansätze zur Steigerung der Akzeptanz erarbeitet, die in einem Abschlussworkshop mit den relevanten Stakeholdern vorgestellt und diskutiert werden. Ausgangspunkt für Modul 2 ist die Beobachtung, dass nicht jeder Arztkontakt automatisch zur empfohlenen Impfung führt. Ein relevanter Faktor bei der Impfentscheidung ist die Arzt-Patienten-Kommunikation, um insbesondere die Bedenken von unsicheren oder impfkritischen Eltern zu adressieren. Modul 2 umfasst daher u. a. Schulungen zu innovativen Ansätzen der Gesprächsführung („Motivational Interviewing“) und adressiert mit Ärztinnen und Ärzten sowie medizinischen Fachangestellten diejenigen Gruppen, die bei der Impfentscheidung, die mit Abstand wichtigste Rolle spielen. Im Rahmen des Projektes soll bewertet werden, ob diese beiden Ansätze unter wissenschaftlichen und praktischen Gesichtspunkten für künftige bundesweite Maßnahmen zur HPV-Impfquotensteigerung geeignet sind.
Perspektiven für die Praxis
Die im Projekt erlangten Erkenntnisse sollen dabei helfen, effektive Maßnahmen zur HPV-Impfquotensteigerung evidenzbasiert auszugestalten bzw. im nationalen Rahmen anwenden zu können. Ein Fokus liegt dabei darauf, dass die im Projekt erforschten Maßnahmen vor allem praxisorientiert sind, um eine hohe Akzeptanz unter den verschiedenen Akteuren und somit einen nachhaltigen Erfolg der umgesetzten Maßnahmen zu erreichen. Dies ist auch von hoher Relevanz, um die Zielsetzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der EU-Kommission zu erreichen und bis zum Jahr 2030 mindestens 90 % der Mädchen vollständig zu impfen und die Impfrate bei Jungen deutlich zu steigern. Auf diese Ziele hat sich auch Deutschland verpflichtet. Mit entsprechend hohen Impfquoten wäre langfristig eine deutliche Reduktion der HPV-assoziierten Karzinome in Deutschland möglich.