Therapieversagen und Re-Infektion bei Infektionen mit Chlamydia trachomatis, Mycoplasma genitalium und Neisseria gonorrhoeae bei Männern, die Sex mit Männern haben (TOC-Studie)
Ressortforschung im Handlungsfeld „Gesundheitsförderung und Prävention“
Motivation
Die bakteriellen Erreger Chlamydia trachomatis (CT), Mycoplasma genitalium (MG) und Neisseria gonorrhoeae (NG) verursachen sexuell übertragbare Infektionen (STI). Diese verlaufen zum Teil für die Betroffenen ohne wahrnehmbare Symptome, was dazu führen kann, dass eine Infektion nicht erkannt wird bzw. fortbesteht oder aufgrund des individuellen sexuellen Risikoverhaltens frühe Reinfektionen auftreten. Neben den möglichen gesundheitlichen Folgen der STI erhöhen unerkannte (Re-)Infektionen das Risiko für die Weitergabe der Erreger an Sexualpartnerinnen und -partner, aber auch für eine Infektion mit HIV. Darüber hinaus werden das Entstehen und die Weitergabe von Antibiotikaresistenzen begünstigt. Für alle drei Infektionen wird daher nach Ende der Antibiotikatherapie die Therapiekontrolle oder auch „Test of Cure“ (TOC) empfohlen. In der Praxis wird der TOC jedoch noch nicht durchgehend in Anspruch genommen. Selbsttests, sogenannte Home Collection Tests, sind eine vielversprechende Alternative zu den in Arztpraxen angebotenen Testungen und können die Barrieren für die Durchführung des TOC herabsetzen. Die Proben werden von den Betroffenen mithilfe von Test Kits selbstständig entnommen und anschließend an ein Testlabor geschickt. Ziel der TOC-Studie ist es zu prüfen, ob und inwieweit TOC Home Collection Tests eine realistische Option zur Verbesserung der Versorgung von STI in einer besonders stark betroffenen Gruppe darstellen.
Projektleitung
Robert Koch-Institut (RKI)
Dr. Gyde Steffen
Nordufer 20
13353 Berlin
Projektlaufzeit
01.04.2023 bis 31.03.2025
Ansprechperson
Dr. Angela Steinbach
DLR Projektträger
projekttraeger-bmg(at)dlr.de
Ziele und Vorgehen
Im Rahmen der Studie sollen deutschlandweit über infektiologische Praxen 3.000 cis-geschlechtliche Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), und trans- und nicht-binäre Personen, denen bei Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde und die Sex mit Männern haben, mit nachgewiesener und therapierter CT-, MG- oder NG-Infektion rekrutiert werden. Etwa sechs bis acht Wochen nach Erstdiagnose der Infektion führen die Teilnehmenden einen TOC Home Collection-Test durch, der ihnen bei Studieneinschluss nach entsprechender Schulung zur Verfügung gestellt wird, und senden diesen an ein zentrales Labor. Darüber hinaus beantworten alle Teilnehmenden bei Studieneinschluss sowie zum Zeitpunkt der Selbsttestung einen Fragebogen, u. a. zu Demographie, Verhalten, STI-Anamnese, Symptomatik, Therapie-Compliance und Akzeptanz des Home Collection-Tests. Informationen zur initialen Therapie der bei Studieneinschluss vorliegenden STI und gegebenenfalls durchgeführter Resistenztestung werden über die rekrutierende Praxis erhoben. Das Testergebnis wird den Teilnehmenden über eine Online-Plattform des Labors mitgeteilt, bei erneut positivem Testergebnis wird eine Wiedervorstellung in der rekrutierenden Praxis zur Weiterbehandlung empfohlen.
Perspektiven für die Praxis
Home Collection-Tests vereinfachen die Überprüfung des Behandlungserfolgs bei Vorliegen einer STI. Der Wegfall eines zusätzlichen Arztbesuches durch den zu Hause durchführbaren Selbsttest dürfte zu einer besseren Inanspruchnahme der Überprüfung des Therapieerfolges führen. Dadurch können persistierende bzw. frühe Re-Infektionen schnell erkannt und behandelt werden. Dies kann zu einer relevanten Verringerung der Krankheitslast von STI führen, da unerkannte Infektionen generell zu erneuten Transmissionsereignissen sowie bei erfolgter, aber unzureichender antibiotischer Behandlung zur weiteren Verbreitung von Resistenzen führen können.
Die gewonnenen Daten tragen zudem zu einer verbesserten Einschätzung des Vorkommens von Therapieversagen und frühen Re-Infektionen nach Behandlung von STI bei. Die Identifizierung von Risikofaktoren für ein Therapieversagen bzw. eine Re-Infektion kann für die Ansprache besonders gefährdeter Personengruppen in Präventionsprogrammen genutzt werden. Zudem können Aussagen zur Durchführbarkeit und Akzeptanz von Home Collection-Testungen in der besonders von STI betroffenen Gruppe der MSM gemacht und damit die Entwicklung von entsprechender nationaler Gesundheitsstrategien unterstützt werden.