Medizinforschungsgesetz passiert Bundesrat
Der Bundesrat hat am 27. September 2024 die Beratungen zum Medizinforschungsgesetz abgeschlossen. Damit hat das Gesetz die letzte politische Hürde genommen und kann planmäßig in Kraft treten.
Mit dem Medizinforschungsgesetz werden die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten verbessert. Ziel ist es, die Attraktivität des Standorts Deutschland im Bereich der medizinischen Forschung zu stärken, den Zugang zu neuen Therapieoptionen für Patientinnen und Patienten zu beschleunigen und Wachstum und Beschäftigung zu fördern.
Die durch das Medizinforschungsgesetz neu geschaffenen regulatorischen Möglichkeiten werden nun zügig umgesetzt.
Das Bundesgesundheitsministerium plant dazu, Standardvertragsklauseln für die Verträge zwischen Sponsoren und Einrichtungen klinischer Arzneimittel- und Medizinprodukteforschung zu erstellen und mit den betroffenen Stakeholdern abzustimmen. Dadurch soll frühzeitig und schneller als bislang mit klinischen Prüfungen von Arzneimitteln oder Medizinprodukten begonnen werden können.
Zudem ist die Errichtung einer spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren vorgesehen, die Expertise zur Bewertung von klinischen Prüfungen und Leistungsstudien bündelt. Dies betrifft besonders komplexe oder eilbedürftige Verfahren, zum Beispiel klinische Prüfungen von Arzneimitteln für neuartige Therapien.
Die strahlenschutzrechtlichen Anzeige- und Genehmigungsverfahren werden vollständig novelliert, entbürokratisiert und beschleunigt. Der Aufwand für Forschende sowie für die Behörden reduziert sich hierdurch deutlich.
Weitere Gesetzesinhalte im Überblick:
- Die Genehmigung klinischer Prüfungen wird vereinfacht und beschleunigt. Dafür werden die Bearbeitungszeiten bei mononationalen klinischen Prüfungen verkürzt, dezentrale klinische Prüfungen ermöglicht, die Kennzeichnungsvorschriften vereinfacht und unnötige bürokratische Hemmnisse aufgehoben.
- Im Bereich des Strahlenschutzrechts werden vielfältige Maßnahmen umgesetzt:
- Die behördlichen Prüffristen werden stark verkürzt.
- Inhaltliche Doppelprüfungen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) und der Ethik-Kommissionen im Bereich des Anzeigeverfahrens werden abgeschafft.
- Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übernimmt das Anzeigeverfahren, um arzneimittelrechtliche, medizinprodukterechtliche und strahlenschutzrechtliche Verfahren besser zu verknüpfen. Das BfS konzentriert sich auf die strahlenschutzrechtlich und -fachlich komplexen Genehmigungsverfahren.
- Strahlenschutzrechtliche Anträge und Anzeigen für Forschungsvorhaben, die auch einer arzneimittel- oder medizinprodukterechtlichen Genehmigung oder Anzeige bedürfen, werden künftig in denselben Portalen (Single-Gate-Ansatz) gebündelt.
- Bei Anzeigeverfahren werden Nachweispflichten reduziert.
- Beim Zulassungsverfahren für Arzneimittel und anderen Verfahren wird die Zusammenarbeit der Arzneimittelzulassungsbehörden optimiert.
- Bei neuartigen Therapien und patientenindividuellen Arzneimitteln zur antibakteriellen Therapie schaffen wir Rahmenbedingungen für eine weitere Harmonisierung im Bereich der Herstellungserlaubnisse. So wird unter anderem die zuständige Bundesoberbehörde ermächtigt, Empfehlungen zur Auslegung der EU-Grundsätze und Leitlinien guter Herstellungspraxis zu veröffentlichen.
- Darüber hinaus werden Forschungsanreize gesetzt. Für in Deutschland forschende pharmazeutische Unternehmen werden die sogenannten Leitplanken für die Vereinbarung von Arzneimittelpreisen ausgesetzt, sofern mindestens fünf Prozent der Probanden an der klinischen Studie in Deutschland teilgenommen haben. Dieser Spielraum gilt für drei Jahre, es sei denn der pharmazeutische Unternehmer weist weitere Arzneimittelforschung in Deutschland nach.
- Außerdem sollen Verhandlungsspielräume in den Erstattungsbetragsverhandlungen genutzt werden mit dem Ziel, Arzneimittelpreise zu senken. Pharmazeutische Unternehmer erhalten befristet bis zum 30. Juni 2028 die Möglichkeit, bei neuen Arzneimitteln vertrauliche Erstattungsbeträge zu vereinbaren. Dies kann erst im Nachgang zur Erstattungsbetragsvereinbarung bzw. Festsetzung gewählt werden. Im Gegenzug müssen Unternehmen einen Preisnachlass von 9 % gewähren. Voraussetzung ist, dass pharmazeutische Unternehmer Arzneimittelforschung in Deutschland nachweisen können.