Hilfe bei der Sorge für sich selbst

Menschen mit Demenz verlieren nach und nach die Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen. Sie unterschätzen gefährliche Situationen und sind im Alltag zunehmend auf die Hilfe anderer angewiesen. Die Abhängigkeit von den Pflegenden bedeutet für die Betroffenen meist eine tiefe Kränkung ihres Selbstwertgefühls. Deshalb lehnen viele notwendige Hilfe ab, etwa beim Toilettengang oder bei der Körperpflege, und empfinden sie stattdessen als Aufdringlichkeit.

Umgang mit gefährdenden Gewohnheiten:

Autofahren und Rauchen

Unnachgiebigkeit der betreuenden Personen ist dann gefragt, wenn Menschen mit Demenz sich und andere ernsthaft gefährden könnten. Autofahren stellt Betroffene sehr früh vor große Probleme: Es verlangt volle Konzentration über einen längeren Zeitraum hinweg, zahlreiche vernetzte Entscheidungen müssen getroffen werden und die räumliche Orientierung ist stark gefordert. Allerdings bedeutet der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel einen entscheidenden Eingriff in die persönlichen Freiräume der Betroffenen. Gerade Autofahren gilt vielen Menschen als Symbol für Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Deshalb erfordert der Schritt, das Autofahren nicht mehr zuzulassen, von den Betreuenden sehr viel Fingerspitzengefühl. Zunächst sollte versucht werden, die betroffene Person im Gespräch zu überzeugen, das Autofahren aufzugeben. Hier können die Vorteile, die dieser Schritt haben kann, wie zum Beispiel keine Parkplätze mehr suchen zu müssen, schon überzeugen. Gelingt dies nicht, dann müssen andere Wege gefunden werden. Im Zweifel sollte dafür Sorge getragen werden, dass der Zugriff auf das Auto nicht mehr möglich ist.

Auch das Rauchen entwickelt sich mit der Zeit zu einer immer gefährlicheren Angewohnheit: Viele Menschen mit Demenz verwechseln Gefäße wie Papierkörbe mit Aschenbechern, lassen ihre brennenden Zigaretten liegen oder vergessen gar, dass sie eine Zigarette in der Hand halten, und verbrennen sich die Finger. In manchen Fällen ist es relativ einfach, die Betroffenen zum Aufhören zu bewegen: Sind die Zigaretten einmal aus ihrem Blickfeld verschwunden, vergessen sie oftmals, dass sie jemals geraucht haben. Gelingt dies nicht, sollte die betroffene Person nur noch in Gesellschaft rauchen.

Tipps für Angehörige

Gefahrenvermeidung

Autofahren:

  • Bestehen Sie auf der Überprüfung der Fahrtauglichkeit durch die Führerscheinstelle.
  • Ziehen Sie eine Ärztin beziehungsweise einen Arzt oder Rechtsbeistand zurate. Den Anweisungen von Autoritäten wird häufiger Folge geleistet.
  • Räumen Sie die Autoschlüssel außer Sichtweite der betroffenen Person und verstecken Sie sie gegebenenfalls.
  • Parken Sie das Auto außer Sichtweite oder schließen Sie es in der Garage ein.
  • Setzen Sie das Auto außer Betrieb.

Rauchen:

  • Stellen Sie überall große, gut sichtbare Aschenbecher auf.
  • Ersetzen Sie Papierkörbe durch Metallbehälter.
  • Kaufen Sie schwer entflammbare Kleidung und Bettwäsche sowie schwer entflammbare Möbel und Ähnliches.
  • Falls noch nicht vorhanden, bringen Sie umgehend Rauchmelder in der Wohnung an.
  • Halten Sie zum Rauchen benötigte Utensilien wie Zündhölzer und Zigaretten unter Verschluss, sodass die betroffene Person nur in Ihrem Beisein rauchen kann.
  • Auf keinen Fall sollten Menschen mit Demenz die Möglichkeit haben, nachts allein im Bett zu rauchen.

Körperpflege

Menschen mit Demenz benötigen mit der Zeit immer mehr Hilfe bei der Körperpflege. Manchmal vergessen sie, sich zu waschen, oder sie sind der Meinung, sie hätten es bereits getan. Im weiteren Verlauf der Demenz können sie die Fähigkeit verlieren, Gegenstände wie eine Zahnbürste oder einen Kamm zu benutzen, oder sie vergessen deren Verwendungszweck.

Die Tatsache, dass Menschen mit Demenz bei der Körperpflege dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind, bedeutet aber nicht, dass sie diese Hilfe auch gern annehmen. Viele alte Menschen haben sich noch nie in der Gegenwart anderer Personen ausgezogen oder gewaschen. Sie schämen sich und haben das Gefühl, dass die Pflegenden in ihre Intimsphäre eindringen. Oft fühlen sie sich gedemütigt und in die Rolle eines kleinen Kindes zurückversetzt.

So lassen sich manche Betroffene auch ungern von Verwandten – vor allem von den eigenen Kindern – waschen. In diesem Fall empfiehlt es sich, für die Körperpflege eine professionelle Pflegekraft zu engagieren. Die Pflegenden sollten jedenfalls versuchen, die betroffene Person noch so viel wie möglich selbstständig erledigen zu lassen. Oft genügen schon einfache Impulse, wie beispielsweise eine Zahnbürste anzureichen, um die gewünschte Tätigkeit in Gang zu setzen. Hilfeleistungen sollten unter Berücksichtigung der Würde der Menschen mit Demenz besonders taktvoll und vorsichtig angeboten werden.

Tipps für Angehörige

Körperpflege

  • Achten Sie auf einen stets gleichbleibenden Ablauf und behalten Sie – wenn möglich – die Gewohnheiten des Betroffenen bei.
  • Geben Sie die notwendige Hilfestellung, ohne der Person ihre Selbstständigkeit zu nehmen.
  • Haltegriffe, rutschfeste Matten und Duschsitze sorgen für Sicherheit im Badezimmer.
  • Kontrollieren Sie die Wassertemperatur.
  • Machen Sie Baden oder Duschen zu einem möglichst angenehmen Ereignis: Verwenden Sie flauschige Handtücher und wohlriechende Düfte, schließen Sie eventuell eine Rückenmassage an.
  • Lackierte Nägel, eine Rasur oder eine neue Frisur können dabei helfen, das Selbstbewusstsein zu stärken.
  • Achten Sie auf gründliche Mundhygiene und Pflege der eventuell vorhandenen Zahnprothese. Dies sind auch wichtige Voraussetzungen für eine ausreichende Ernährung.

An- und Ausziehen

Im mittleren Stadium der Demenz wird es für die Betroffenen immer schwieriger, sich selbstständig an- und auszuziehen. Sie verwechseln die Reihenfolge der Kleidung, vergessen, halb entkleidet, ob sie sich gerade an- oder ausziehen wollten, oder sie erinnern sich nicht mehr, wann sie ihre Wäsche zum letzten Mal gewechselt haben. Aufgrund körperlicher Einschränkungen gelingt es oft nicht, Knöpfe zu schließen oder Schnürsenkel zu binden.

Auch beim An- und Auskleiden sollte die Hilfe auf das Notwendigste beschränkt werden. Häufig genügt es schon, die Kleidung in der richtigen Reihenfolge zurechtzulegen oder die betroffene Person zum Weitermachen zu ermutigen. Bei Knöpfen oder Reißverschlüssen sollte behutsam Hilfestellung gegeben und die Schritte mit Erklärungen begleitet werden.

Oft ist es sinnvoll, die Kleidung gemeinsam mit dem Menschen mit Demenz herauszusuchen. Um Konflikte zu vermeiden, sollten am besten nur der Jahreszeit angemessene Kleidungsstücke zur Auswahl angeboten werden. Ist die betroffene Person damit überfordert, sollten nur noch zwei Kombinationen zur Wahl gestellt werden. Hilfreich ist es, Kleidungsstücke auszuwählen, die einfach zu handhaben sind. Damit kommt die Person besser zurecht und es ist leichter, Hilfestellung zu geben.

Tipps für Angehörige

Auswahl der Kleidung

Sinnvoll sind:

  • große Reißverschlüsse oder Klettverschlüsse
  • Röcke, BHs und Kleider mit Vorderverschluss
  • Schuhe ohne Schnürsenkel und mit rutschfester Sohle
  • locker sitzende Kleidung mit weiten Ärmeln
  • Pullover und Blusen mit weitem Ausschnitt
  • Hüftgürtel
  • elastische Bünde, etwa an Röcken und Hosen

Probleme bereiten:

  • Knöpfe, kleine, versteckte Reißverschlüsse und Haken
  • Schnür- und Schnallenschuhe
  • Röcke, BHs und Kleider mit Rückenverschluss
  • eng anliegende Kleidung
  • Gürtel mit Schnallen
  • enge, halterlose Strümpfe (Durchblutungsprobleme)

Essen und Trinken

Essen ist für Menschen mit Demenz oftmals eine der verbliebenen Freuden. Mahlzeiten knüpfen an altbekannte Abläufe an und helfen, den Tag zu strukturieren. In Gesellschaft anderer Menschen ist Essen zudem ein wichtiges gemeinschaftsstiftendes Ritual.

Aus diesen Gründen ist es wichtig, die gemeinsamen Mahlzeiten möglichst angenehm und spannungsfrei zu gestalten. Dazu gehört, die Selbstständigkeit der oder des Betroffenen beim Essen mit allen Mitteln zu unterstützen. Gelingt das Schneiden von Fleisch nicht mehr, können die Bissen mundgerecht vorbereitet werden. Ist die betroffene Person bei der Auswahl der Speisen auf dem Tisch überfordert, ist es sinnvoll, die Gerichte auf einem Teller zu servieren. Kleckert sie beim Essen oder ist sie nur noch in der Lage, mit den Fingern zu essen, sollte das nicht kritisiert werden. Auch sollte nicht versucht werden, das Essen zu verabreichen. Besser ist es, Menschen mit Demenz behutsam zu unterstützen, etwa indem fingergerechte Speisen wie Kuchen statt Pudding serviert werden. Kritik beschämt die betroffene Person und kann dazu führen, dass das Essen und Trinken verweigert wird.

Tipps für Angehörige

Mahlzeiten

  • Bestecke mit großen Griffen erleichtern die Handhabung. Schwere Bestecke erinnern Menschen mit Demenz daran, dass sie etwas in der Hand halten.
  • Rutschfeste Unterlagen, tiefe Teller oder spezielle Aufsätze für Teller erleichtern die Nahrungsaufnahme.
  • Tassen, Gläser und Teller sollten nicht ganz gefüllt werden, um Verschütten zu vermeiden.
  • Die Speisen sollten nicht zu heiß sein, damit sich die Betroffenen nicht unmerklich verbrennen.
  • Mehrere kleine Mahlzeiten sind sinnvoller als wenige opulente.
  • Die Hauptmahlzeit sollte mittags eingenommen werden, um Schlafproblemen vorzubeugen.
  • Bevorzugen Sie Tischdecken ohne Muster sowie Geschirr, das sich farblich vom Untergrund abhebt.
  • Berücksichtigen Sie die Essgewohnheiten und Vorlieben der Betroffenen.
  • Das Auge isst mit: Ein ansprechend gedeckter Tisch erhöht das Essvergnügen.
  • Ausreichend Bewegung steigert den Appetit.
  • Achten Sie auf ausreichendes Trinken.

Häufig kommt es im Verlauf der Demenz dazu, dass die Betroffenen zu wenig essen. Entweder werden die Mahlzeiten einfach vergessen oder die Person glaubt, bereits gegessen zu haben. Manchmal liegen auch körperliche Ursachen wie Zahnschmerzen oder Kau- und Schluckbeschwerden zugrunde. Generell können diese Beschwerden durch das Meiden bestimmter Lebensmittel eine einseitige Ernährung zur Folge haben und ursächlich für eine Mangelernährung sein. Bei anhaltender Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust sollte deshalb unbedingt eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. Ist das Essen und Trinken nicht mehr möglich, muss gemeinsam mit der Hausärztin oder dem Hausarzt überlegt werden, ob eine künstliche Ernährung sinnvoll ist. Es kommt auch vor, dass die betroffene Person dauernd essen möchte. Um eine starke Gewichtszunahme zu vermeiden, sollte dann vermehrt leichte Kost angeboten werden.

Es ist nicht notwendig, für Menschen mit Demenz nach einer bestimmten Diät zu kochen. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass ausreichend Ballaststoffe, Obst und Gemüse angeboten werden, um Verstopfungen vorzubeugen. Es ist sehr wichtig, dass ausreichend Flüssigkeit (mindestens ein Liter = acht Tassen pro Tag, bei Hitze mehr) zu sich genommen wird, um Austrocknung, Verwirrtheitszustände und Verstopfung zu vermeiden. Bei Schluck- oder Kaubeschwerden kann eine bedürfnisgerechte Konsistenz (weich, homogen) in vielen Fällen hilfreich sein.

Probleme beim Toilettengang

Das Unvermögen, Urin oder Stuhl willentlich zurückzuhalten („Inkontinenz“), ist eine häufige Begleiterscheinung der Demenz. Dabei verliert das Gehirn seine Kontrollfunktion über die Muskeln, die Stuhlgang und Blasenentleerung regulieren. Andere Ursachen von Inkontinenz sind behandelbare Krankheiten wie Blasenentzündung oder Prostataleiden. Deshalb ist es wichtig, eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen, wenn die Betroffenen einnässen oder einkoten. Insbesondere in den frühen Stadien der Demenz liegt bei Schwierigkeiten, Harn oder Stuhl zu halten, häufig gar keine Inkontinenz vor. Die betroffene Person ist vielleicht lediglich nicht mehr in der Lage, die Toilette rechtzeitig zu finden oder Stuhl- und Harndrang richtig zu deuten. Ist das der Fall, reicht es oftmals aus, sie regelmäßig zur Toilette zu führen oder den Weg zum Badezimmer zu kennzeichnen.

Tipps für Angehörige

Umgang mit Inkontinenz

  • Achten Sie darauf, dass die Toilette leicht zu finden ist, beispielsweise durch farbliche Markierung oder ein symbolträchtiges Schild.
  • Eine große Entfernung zur Toilette oder schwer zu öffnende Kleidung erschweren die rechtzeitige Benutzung.
  • Haltegriffe, ein ausreichend hoher WC-Sitz und eine angenehme Temperatur sorgen dafür, dass die Toilette bequem zu benutzen ist.
  • Der Gang zur Toilette sollte regelmäßig erfolgen, zum Beispiel nach dem Aufstehen, nach jeder Mahlzeit, vor dem Zubettgehen und darüber hinaus tagsüber etwa alle zwei Stunden.
  • Führen Sie über die Zeiten des Wasserlassens und Stuhlgangs Buch, damit Sie wissen, wann der Mensch mit Demenz zur Toilette geführt werden muss.
  • Achten Sie auf Signale wie Nesteln an der Hose oder verstärkte Unruhe, mit denen er sein Bedürfnis anzeigt.
  • Sind Inkontinenzvorlagen wie Klebewindeln oder Einlagen unerlässlich, muss auf eine sorgfältige Hautpflege geachtet werden.

Sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen bedeutet Inkontinenz eine große Belastung. Die Menschen mit Demenz empfinden es meist als äußerst beschämend und erniedrigend, keine Kontrolle mehr über den eigenen Körper ausüben zu können. Die Angehörigen fühlen oft Ekel und Wut, kombiniert mit Schuldgefühlen, weil sie nicht gelassener mit der Situation umgehen können. Der Einsatz eines Pflegedienstes und der Austausch in einer Selbsthilfegruppe können in dieser Lage eine große Hilfe sein. Den Betroffenen gegenüber sollte eine sachliche und verständnisvolle Haltung eingenommen werden, trotz der eigenen Schwierigkeiten. Entwickeln die betroffenen Personen nämlich mit der Zeit Schuldgefühle und versuchen, Hinweise auf ihre Inkontinenz zu verbergen, kann dies die Situation deutlich verschärfen – etwa, wenn sie eingenässte Hosen in Schubladen und Schränken verstecken. Nimmt die Inkontinenz zu, sollten Hilfsmittel wie beispielsweise Einlagen verwendet werden.

Stand: 10. September 2024

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