Der Umgang mit Betroffenen und sich selbst

Da die Veränderungen im Gehirn von Menschen mit Demenz nicht umkehrbar sind, ist es wichtig, die betroffene Person so anzunehmen, wie sie ist, und das zu akzeptieren, was sie tatsächlich leisten kann. Eine angenehme und spannungsfreie Atmosphäre, die Halt und Sicherheit gibt, steigert das Wohlbefinden maßgeblich. Dafür müssen die Betreuenden täglich neue Ideen und Kreativität aufbringen – eine anstrengende Aufgabe, bei der sie mit ihren Kräften gut haushalten müssen, um selbst gesund und leistungsfähig zu bleiben.

Zeit lassen und Verlässlichkeit schaffen

Wechselhafte Situationen und Neuerungen belasten die von Demenz Betroffenen stark, da ihr Kurzzeitgedächtnis nicht mehr in der Lage ist, neue Informationen aufzunehmen. Neue Anschaffungen oder plötzliche Umstellungen im Tagesablauf werden daher oftmals nicht als Abwechslung empfunden, sondern als bedrohliche Verunsicherung, die den Betroffenen Sorgen und Ängste bereitet. Änderungen bei den gewohnten Handlungsabläufen führen häufig dazu, dass die entsprechende Tätigkeit (etwa Baden, Ankleiden oder Essen) komplett verweigert wird.

Feste Regeln und Gewohnheiten geben hingegen ein Gefühl von Sicherheit. Das Gleichmaß bei den gewohnten Abläufen mag den Angehörigen zwar langweilig vorkommen, bedeutet aber weniger Stress für die Menschen mit Demenz und erspart den Betreuenden eine Menge an Erklärungen, Überzeugungskünsten und misslichen Situationen. Muss es nicht unbedingt schnell gehen, dann sollte man dem betroffenen Menschen genügend Zeit lassen, sich in seinem eigenen Rhythmus zu artikulieren oder zu handeln. Werden seine Sätze zu häufig unterbrochen oder von dem Betreuenden zu Ende geführt, entmutigt ihn dies. In der Folge führt dies sehr wahrscheinlich dazu, dass er sich in Passivität zurückzieht und sich hilfsbedürftiger fühlt, als er ist. Deshalb sollten Antworten oder Erklärungen nochmals wiederholt werden. Gleichfalls sollten Betreuende des Öfteren zeigen, was sie von dem Familienmitglied mit Demenz erwarten. Ungeduld führt nur zur Verunsicherung des Menschen und kann seine Fähigkeiten unnötig einschränken.

Tipps für Angehörige

So schaffen Sie Beständigkeit

  • Halten Sie so lange wie möglich an Altbewährtem fest.
  • Führen Sie unvermeidbare Änderungen in Handlungsabläufen oder bei der Wohnungseinrichtung nur langsam und schrittweise ein.
  • Verbinden Sie Neuerungen (beispielsweise Trocken- statt Nassrasur) mit möglichst angenehmen Gefühlen, wie etwa einem wohlriechenden Rasierwasser.
  • Führen Sie feste Zeiten für Essen, Zubettgehen, Beschäftigungs- und Ruhephasen ein.
  • Schaffen Sie durch positive Haltung und Geduld eine Atmosphäre, in der sich die betroffene Person entspannt und sicher fühlt.
  • Lassen Sie ihr bei den täglichen Abläufen und Gesprächen ausreichend Zeit.
  • Suchen Sie sich Unterstützung bei der Betreuung, wenn Sie aus Zeitgründen oder anderen Motiven nicht die erforderliche Geduld aufbringen können.

Die Betroffenen einbeziehen und motivieren

Pflegende Angehörige, die ihr Augenmerk vor allem auf die Einschränkungen und „Fehlleistungen“ der zu Betreuenden richten, übersehen oft noch verbliebene Fähigkeiten. Damit verpassen sie die Chance, die Lebensqualität entscheidend zu verbessern. Was kann der Mensch noch? Wie kann ich ihn dabei am besten unterstützen? Was macht ihm am meisten Spaß? Dies alles sind Fragen, die sich an den vorhandenen Stärken der Person ausrichten und dazu beitragen, sich gemeinsam an den Dingen zu erfreuen, die sie noch kann. Besonders bei fortgeschrittener Demenz können Betroffene dazu neigen, sich in Untätigkeit zu flüchten, sobald sie Situationen als zu anstrengend empfinden.

Doch auch wenn Ruhepausen notwendig sind, sollte man keinesfalls akzeptieren, dass sich die betreute Person dauerhaft ins Bett zurückzieht. Versuchen Sie in einem solchen Fall, den Menschen zur Mitarbeit zu bewegen und durch entsprechende Angebote zu motivieren. Musik oder einfache Hilfeleistungen im Haushalt sind dabei beliebte Anknüpfungspunkte.

Um noch vorhandene Fähigkeiten zu unterstützen, haben sich reine Gedächtnisübungen – Abfragen von Daten, Namen oder Fakten – hingegen als ungeeignet erwiesen. Sie wirken sich negativ auf das Empfinden der Betroffenen aus, da so etwas sie überfordert und ihnen immer wieder ihr Unvermögen vor Augen führt. Besser werden Wahrnehmungsübungen wie das speziell für Menschen mit Demenz entwickelte Geräusche-Memory angenommen. Dabei werden Klänge wie Fahrradklingeln oder Kirchengeläut vom Tonband abgespielt und die entsprechenden Bilder zugeordnet. Sinnvoll sind derartige Beschäftigungen aber nur, solange sie dem Menschen mit Demenz Spaß machen und Erfolgserlebnisse ermöglichen.

Tipps für Angehörige

Verbliebene Fähigkeiten aktivieren, zum Beispiel mit:

  • Bewegungsübungen
  • Musik- und Kunsttherapie
  • Einbeziehung in Haushaltstätigkeiten, Unterstützung bei der Körperpflege
  • Förderung der Kommunikation
  • Wahrnehmungsübungen und Anregung der Sinne
  • Wiederbeleben alter Erinnerungen und vertrauter Aktivitäten (sogenannte Biografiearbeit)

Für den eigenen Ausgleich sorgen

Die Betreuung eines Familienmitglieds mit Demenz ist außerordentlich schwer und kann viele Jahre dauern. Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass ein einzelner Mensch die für die Betreuung erforderliche seelische und körperliche Kraft jederzeit und unbegrenzt aufbringen kann. Den selbst auferlegten Leistungsdruck abzubauen, steht daher an erster Stelle. Niemand kann einen anderen Menschen täglich 24 Stunden betreuen, versorgen und beobachten, ohne sich dabei selbst vollkommen zu überfordern. Das Missachten der eigenen Belastungsgrenze schadet aber nicht nur der betreuenden, sondern auch der betreuten Person. So verursachen Ungeduld oder Reizbarkeit als Folgen der Überlastung häufig Konflikte im Betreuungsalltag. Ein Verteilen der Lasten auf mehrere Schultern, ganz gleich ob auf Familienangehörige oder professionelle Helferinnen oder Helfer, ist oft der beste Weg, die häusliche Betreuung über viele Jahre hinweg aufrechtzuerhalten.

Für die Hauptbetreuungsperson ist es wichtig, private Bekanntschaften und Hobbys weiterzupflegen. Sie sollte sich von Anfang an feste Freiräume schaffen, die allein ihr gehören, und sich jeden Tag etwas gönnen, worauf sie sich freuen kann, wie etwa ungestört Musik hören, einen Spaziergang machen, eine Zeitschrift lesen oder im Garten arbeiten. Vermeiden sollte sie unbedingt ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich Zeit für sich nimmt. Denn schließlich vernachlässigt die beziehungsweise der Betreuende den Menschen mit Demenz nicht, sondern nimmt sich nur notwendige Pausen. Von der Kraft und guten Laune, die ein freier Tag schenkt, profitiert schließlich auch das betroffene Familienmitglied. Oft suchen pflegende Angehörige erst dann nach Entlastungsmöglichkeiten, wenn sie kurz vor dem Zusammenbruch stehen. Dann erweist sich die Suche jedoch als zusätzlicher Stressfaktor, der kaum noch verkraftet werden kann. Pflegende Angehörige sollten sich deshalb um Hilfs- und Entlastungsmöglichkeiten kümmern, solange sie noch Zeit und Energie dafür haben. Je früher sich der Mensch mit Demenz daran gewöhnt, von mehreren Personen Hilfe zu erhalten, desto leichter nimmt er sie auch an.

Tipps für Angehörige

Eigene Entlastung

  • Pro Woche sollten ein ganzer Tag und möglichst eine Nacht frei sein.
  • Abwechslung vom Betreuungsalltag bringt oft die größte Entspannung – Begegnung mit vielen Menschen anstatt Konzentration auf einen einzelnen, Bewegung an frischer Luft, statt still zu Hause zu sitzen.
  • Autogenes Training (Form der Selbsthypnose) oder andere entspannende Techniken können helfen, den Alltag besser zu bewältigen. Volkshochschulen oder Krankenkassen bieten entsprechende Kurse an.
  • Tauschen Sie sich mit anderen Betreuenden aus und nehmen Sie Kontakt zu Selbsthilfegruppen auf.
  • Suchen Sie emotionale Unterstützung bei Ihrer Familie, im Freundeskreis oder bei professionellen Helferinnen und Helfern.
  • Überfordert Sie Ihre Aufgabe, setzen Sie Prioritäten: Widmen Sie sich zunächst dem dringlichsten Problem und suchen Sie eine Lösung.
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