Landärztinnen und Landärzte
In allen 17 Regionen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV-Regionen) steigt nach wie vor die Anzahl der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Personen. Nach Angaben des Bundesarztregisters der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stellen rd. 187.000 (Zählung nach Personen) Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Deutschland die ambulante vertragsärztliche Versorgung sicher. Dabei lag bezogen auf die KV-Regionen im Jahr 2023 die jeweilige Arztdichte (Ärzte je 100.000 Einwohner) zwischen minimal 201,3 und maximal 310,3, das heißt in der KV-Region mit der höchsten Arztdichte versorgen über 50 Prozent mehr Leistungserbringer die Versicherten als in der KV-Region mit der geringsten Arztdichte. Bezogen auf die 400 Landkreise und kreisfreien Städte liegt der Unterschied bei der Arztdichte sogar achtmal so hoch, so dass in dem Kreis bzw. der Stadt mit der höchsten Arztdichte mehr als viermal so viele Leistungserbringer die Versicherten versorgen wie in dem Kreis mit der bundesweit geringsten Arztdichte.
Ärztinnen und Ärzte vor allem im ländlichen Raum haben Schwierigkeiten, eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden. Dies betrifft insbesondere Hausarztsitze. Laut KBV existieren rund 80 Prozent aller derzeit bestehenden Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärztinnen und Hausärzte. Die übrigen Möglichkeiten in der allgemeinen fachärztlichen Versorgung konzentrieren sich auf Kinder- und Jugendärzt:innen, Nerven-, Haut- und Augenärzt:innen. Ärztinnen und Ärzte, die im ländlichen Raum tätig sind, müssen oft mehr Patientinnen und Patienten betreuen als ihre Kolleginnen und Kollegen in der Stadt. Hinzu kommen lange Anfahrtswege bei Hausbesuchen.
Um das Niederlassungsverhalten von Ärztinnen und Ärzten in Gebieten mit bestehender oder drohender Unterversorgung auch über Vergütungsanreize wirksamer steuern zu können, wurden mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz Ärztinnen und Ärzte, die in solchen Gebieten tätig sind, von mengenbegrenzenden Maßnahmen bei der Behandlung der Patientinnen und Patienten des betreffenden Planungsbereichs ausgenommen. Darüberhinausgehend haben die Kassenärztlichen Vereinigungen im sog. Verteilungsmaßstab geeignete Regelungen vorzusehen, um im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Maßnahmen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung ausreichend sind. Zusätzlich können die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen durch Vergütungszuschläge für besondere Leistungen oder Leistungserbringer weitere gezielte Anreize für Ärztinnen und Ärzte insbesondere in Gebieten mit bestehender oder drohender Unterversorgung setzen. Weitere Maßnahmen des GKV-VStG waren unter anderem eine Lockerung der Regelung zur Gründung von Zweigpraxen und die generelle Aufhebung der bis dahin geltenden Residenzpflicht für Vertragsärzte.
Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG), wurde auf den oben genannten Regelungen aufgebaut und diese entsprechend weiterentwickelt. Um die Sicherstellung der Versorgung weiter verbessern zu können, haben alle Kassenärztlichen Vereinigungen den Auftrag erhalten, zur Finanzierung von Fördermaßnahmen einen Strukturfonds einzurichten. Eine bereits eingetretene oder in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung wird hierfür nicht mehr vorausgesetzt. Mittel des Strukturfonds sollen unter anderem für Zuschüsse zu den Investitionskosten bei einer Neuniederlassung oder der Gründung von Zweigpraxen, für Zuschläge zur Vergütung und zur Ausbildung sowie für die Vergabe von Stipendien verwendet werden. Mit Maßnahmen zur Förderung der Weiterbildung soll insbesondere die hausärztliche Versorgung und auch grundversorgende fachärztliche Versorgung gestärkt werden. Zur Finanzierung des Strukturfonds stellen die Krankenkassen zusätzliche Mittel bereit. Gesetzlich ist bestimmt, dass in Gebieten, in denen der Landesausschuss eine bestehende oder drohende Unterversorgung festgestellt hat, Sicherstellungszuschläge an bestimmte dort tätige Leistungserbringer zu zahlen sind.
Mit dem GKV-VSG wurden darüber hinaus die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren (MVZ) weiterentwickelt. So wurde u. a. die Gründungsbefugnis auf Kommunen ausgeweitet, die dadurch die Möglichkeit haben, die Versorgung vor Ort aktiv mitzugestalten. Auch facharztgleiche MVZ wie beispielsweise reine Hausarzt-MVZ sind inzwischen möglich. Neben MVZ können auch Praxisnetze die Versorgung der Patientinnen und Patienten verbessern und gleichzeitig die Zusammenarbeit teilnehmender Ärztinnen und Ärzte – insbesondere in ländlichen Regionen – fördern. Mit dem GKV-VSG wurde daher die Förderung der Zusammenschlüsse von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten verschiedener Fachrichtungen in von den Kassenärztlichen Vereinigungen anerkannten Praxisnetzen durch eine verbindliche Finanzierungsregelung weiterentwickelt. Darüber hinaus können für anerkannte Praxisnetze auch eigene Honorarvolumen als Teil der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vorgesehen werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben zudem die Möglichkeit, Praxisnetze zusätzlich mit Mitteln des Strukturfonds zu fördern. Darüber hinaus können auch die Kassenärztlichen Vereinigungen eigene Praxen, sog. Eigeneinrichtungen (mobile oder telemedizinische Versorgungskonzepte), betreiben. In Gebieten, in denen der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgestellt hat, dass eine ärztliche Unterversorgung eingetreten ist, besteht spätestens sechs Monate nach einer solchen Feststellung sogar eine Verpflichtung zum Betrieb solcher Eigeneinrichtungen.
Es ist zudem Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen nach Maßgabe der Bedarfsplanungs-Richtlinie auf Landesebene einen Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in der Region aufzustellen und den jeweiligen Entwicklungen entsprechend anzupassen. Dabei ist die regionale und lokale Versorgungssituation, insbesondere die regionale Demographie und Morbidität, zu berücksichtigen. Ausdrücklich geregelt ist zudem, dass von den Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie abgewichen werden kann, soweit es unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten – insbesondere der regionalen Alters- und Krankheitsstruktur – für eine bedarfsgerechte Versorgung erforderlich ist.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, durch sog. Sonderbedarfszulassungen in Planungsbereichen, die rechnerisch überversorgt sind und in denen deshalb Zulassungsbeschränkungen gelten, weitere Ärztinnen oder Ärzte in die Versorgung zu bringen. Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ist den Ländern zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt worden, bestehende Niederlassungsbeschränkungen in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten aufzuheben, soweit dies aus ihrer Sicht zur Verbesserung der Versorgung erforderlich ist.